Abbau von Nucleotiden
Abbau der Purinnucleotide
Der Abbau der Purinnucleotide beginnt auf der Stufe der Nucleosidmonophosphate.
Zunächst werden von den Purinnucleotiden AMP, IMP, XMP und GMP die Phosphatreste hydrolytisch durch Nucleotidasen abgespalten, sodass die jeweiligen Nucleoside Adenosin
Bei den Nucleosiden Inosin, Xanthosin und Guanosin wird nun die N-glykosidische Bindung zwischen Basen und Zucker durch Nucleosidphosphorylasen phosphorolytisch gespalten und es entstehen die freien Purinbasen Hypoxanthin, Xanthin bzw. Guanin wie auch Ribose-1-phosphat (oder Desoxyribose-1-phosphat). Ribose-1-phosphat wird durch die Ribosephosphatmutase zu Ribose-5-phosphat isomerisiert, das bei der Synthese von PRPP als Substrat dienen oder in den Pentosephosphatweg eingeschleust werden kann. Desoxyribose-1-phosphat wird zu Desoxyribose-5-phosphat isomerisiert und dann in Acetaldehyd und Glycerinaldehyd-3-phosphat gespalten. Die Basen werden entweder über Wiederverwertungswege (s.u.) zur Neusynthese von Nucleotiden genutzt oder weiter zu Produkten abgebaut, die ausgeschieden werden, wie im Folgenden beschrieben.
Die Basen Hypoxanthin und Guanin werden in Xanthin umgewandelt. Xanthin wird in der Leber und im Dünndarm von der Xanthinoxidoreduktase (Xanthinoxidase/Xanthindehydrogenase) zum Endprodukt Harnsäure oxidiert: Dazu wird Hypoxanthin von der Xanthinoxidoreduktase, die als Cofaktor Molybdän, Eisen-Schwefel-Zentren und FAD enthält und je nach physiologischen Bedingungen in einer von 2 Isoformen – als Xanthinoxidase (überträgt Elektronen ausschließlich auf molekularen Sauerstoff) oder als Xanthindehydrogenase (überträgt Elektronen bevorzugt auf NAD+, aber auch auf molekularen Sauerstoff) – aktiv ist, zu Xanthin oxidiert. Die Guanindesaminase (Guanase) entfernt von Guanin die Aminogruppe, die als Ammonium freigesetzt wird. Auch in dieser Reaktion entsteht Xanthin. Ammonium ist ein besonders das ZNS schädigendes Zellgift, das über den Harnstoffzyklus entfernt wird. Bei den von der Xanthinoxidase katalysierten Reaktionen entstehen als Nebenprodukte freie Sauerstoffradikale wie das Superoxidanion (O2–●) und Wasserstoffperoxid (H2O2). Das Wasserstoffperoxid wird von einer Katalase in Wasser umgewandelt. Endprodukt des Purinabbaus ist Harnsäure, die noch das intakte Puringerüst besitzt. Harnsäure zeigt eine Keto-Enol-Tautomerie. Die Enolform der Harnsäure ist eine schwache Säure, die bei niedrigem pH-Wert protoniert vorliegt und undissoziiert schlecht wasserlöslich ist. Sie ist für den menschlichen Organismus (und den weiterer Primaten) nicht weiter verwertbar und muss ausgeschieden werden. Der größte Teil wird über die Niere mit dem Urin abgegeben. Andere Säuger können Harnsäure mithilfe des Enzyms Uricase zum besser wasserlöslichen Allantoin abbauen.
Struktur der Harnsäure
In der Prüfung wird dir möglicherweise eine Strukturformel präsentiert, bei der es sich um Harnsäure (Urat) handeln könnte. Typisch für das Harnsäuremolekül ist, dass es keine Carboxygruppen trägt. Stattdessen besitzt es in der Enolform an 3 Kohlenstoffatomen Hydroxygruppen bzw. in der Ketoform Oxogruppen. Sieh dir die Strukturformel der Harnsäure nochmal genau an.
Achtung: Verwechsle Harnsäure nicht mit Harnstoff
Harnsäure: aus dem Abbau der Purinnucleotide
Harnstoff
: aus dem Abbau der Aminosäuren
Der Ausfall von Enzymen, die am Umsatz der Nucleotide beteiligt sind, kann zu Störungen des Nucleotidstoffwechsels führen und schwerwiegende pathologische Auswirkungen haben.
Ischämie und Reperfusionsschäden
Bei einer Ischämie (der Minderdurchblutung eines Organs) liegt die Xanthinoxidoreduktase hauptsächlich als Xanthinoxidase vor, die Elektronen auf molekularen Sauerstoff überträgt und so die Bildung von Sauerstoffradikalen begünstigt. Setzt die Durchblutung des ischämischen Gewebes nach Entfernen der Perfusionsbarriere wieder ein (Reperfusion), kann sich ein postischämischer Reperfusionsschaden entwickeln. Eine wesentliche Ursache dafür ist der plötzliche Anstieg der Sauerstoffkonzentration im Gewebe, der wiederum zur Bildung von großen Mengen an Sauerstoffradikalen wie Wasserstoffperoxid (H2O2) führt, die die von der Ischämie hervorgerufenen Zellschädigungen deutlich verstärken (Reperfusionsschäden).
Abbau der Pyrimidinnucleotide
Der Abbau der Pyrimidinnucleotide führt, anders als der Abbau von Purinnucleotiden, zu Produkten, die vom Organismus leicht weiterverwertet und zur Energiegewinnung genutzt werden können. Aus CMP, dCMP, UMP und dTMP entstehen durch Dephosphorylierung und/oder Desaminierung die Nucleoside und durch phosphorolytische Spaltung der N-glykosidischen Bindung die Basen Uracil und Thymin. Dabei werden Ammoniak und Ribose-1-phosphat bzw. Desoxyribose-1-phosphat freigesetzt. Ribose-1-phosphat wird zu Ribose-5-phosphat isomerisiert und in den Pentosephosphatweg eingeschleust, Desoxyribose-1-phosphat wird in Acetaldehyd und Glycerinaldehyd-3-phosphat gespalten.
Die Basen werden zunächst mit NADPH + H+ zu Dihydrouracil bzw. Dihydrothymin reduziert. Anschließend wird der Ring hydrolytisch gespalten. Nach Freisetzung von Ammonium und CO2 entstehen β-Alanin und β-Aminoisobutyrat. Diese werden zu Malonyl-CoA bzw. Methylmalonyl-CoA und diese weiter zu Acetyl-CoA bzw. Succinyl-CoA umgesetzt, die in den Citratzyklus eintreten und der Energiegewinnung dienen können. CO2 wird abgeatmet, aus Ammoniak entsteht im Harnstoffzyklus Harnstoff
Wiederverwertung von Nucleotiden
Bei der De-novo-Synthese werden Purin- und Pyrimidinnucleotide aus einfacheren Verbindungen synthetisiert. Diese Neusynthese ist jedoch kompliziert und benötigt viele Enzyme, Substrate und Energie. Daher nutzt der menschliche Organismus vor allem die aus der Nahrung resorbierten oder die beim Abbau der Nucleinsäuren in Körperzellen anfallenden Basen und Nucleoside, die erneut in ein Nucleotid eingebaut werden. Diese Wiederverwertung nennt man auch Salvage Pathway.
Wiederverwertung der Purine
Die De-novo-Synthese von Purinen erfordert eine erhebliche Menge an ATP oder GTP. Daher unterliegt die Purinsynthese zum einen einer strengen Regulation, zum anderen wird ein großer Teil der beim Abbau entstehenden freien Purinbasen wieder zu Nucleotiden umgesetzt.
Die Nucleinsäuren werden im Darm von (Desoxy-)Ribonucleasen, Verdauungsenzyme des Pankreas, gespalten und die einzelnen Purinbasen werden resorbiert. Neben Guanin und Adenin wird vor allem Hypoxanthin aufgenommen, da es durch eine Aminierung in Adenin und über Xanthin in Guanin umgewandelt werden kann. Guanin und Hypoxanthin fallen auch beim Abbau der Purinnucleotide in unseren Körperzellen an (Abbau siehe Bild).
Die Basen werden durch N-glykosidische Bindungen mit Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP) verknüpft. An dieser Reaktion sind folgende Transferasen beteiligt:
Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT): wandelt freies Adenin in einer PRPP-abhängigen Reaktion in AMP um:
Adenin + PRPP → AMP + PPi
Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT): wandelt freies Hypoxanthin in IMP und freies Guanin in GMP um. IMP ist wiederum eine Vorstufe von GMP und AMP (Synthese siehe Bild):
Hypoxanthin + PRPP → IMP + PPi
Guanin + PRPP → GMP + PPi
Beide Enzyme werden durch ihre Produkte – AMP bzw. IMP und GMP – im Sinne einer Produkthemmung reguliert, d.h., wenn genügend Purinnucleotide vorhanden sind, werden keine Purinbasen aus der Nahrung verwertet.
Beim X-chromosomal-rezessiv vererbten Lesch-Nyhan-Syndrom liegt ein Defekt der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase vor.
Wiederverwertung der Pyrimidine
Von den Pyrimidinnucleotiden werden, anders als beim Recycling der Purinnucleotide, nicht die beim Abbau frei werdenden Basen wiederverwertet, sondern die Nucleoside, die zum Nucleotid phosphoryliert werden können. Das Beispiel zeigt die Phosphorylierung von Desoxythymidin. Katalysiert wird die Reaktion von der Thymidinkinase:
Und auch die Nucleoside Uridin
CMP und UMP werden von der UMP- bzw. der CMP-Kinase zu Nucleosiddiphosphaten phosphoryliert.
UDP kann direkt zur De-novo-Synthese von anderen Pyrimidinnucleotiden wie dUMP, UTP, dTMP oder CTP genutzt werden (hier im Bild).