Definition
Autoimmunerkrankung
Autoimmunerkrankungen sind Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet und diese meist schädigt.
Epidemiologie
Etwa 5% der Bevölkerung in den Industrieländern leiden unter einer Autoimmunerkrankung. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr.
Zu den wesentlichen Ausnahmen von Autoimmunerkrankungen, bei denen eher Männer betroffen sind, zählen ankylosierende Spondylitis und Morbus Behçet.
Ätiopathogenese
Grundlage ist eine Fehlregulierung des Immunsystems, die durch Störungen der „Selbsterkennung“ und der Kontrollmechanismen zu einem Verlust der immunologischen Toleranz gegenüber körpereigenen Strukturen führt. Die Folge ist eine gegen körpereigene Substanzen. Dadurch werden Autoantikörper und/oder spezifisch sensibilisierte T-Lymphozyten gebildet, die das eigene Gewebe angreifen („“) und zu einer chronischen Entzündungsreaktion führen.
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine chronische, autoimmun bedingte Entzündung der Schilddrüse mit Zerstörung des Gewebes und konsekutiver Hypothyreose.
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen absoluten (Typ 1) oder relativen (Typ 2) Mangel an Insulin
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche, schubweise verlaufende Systemerkrankung, die durch das Auftreten charakteristischer Autoantikörper sowie die Bildung von Immunkomplexen gekennzeichnet ist.
Tritt die Vitamin-B12-Mangelanämie als Folge einer chronisch-atrophen Typ-A-Gastritis auf, spricht man von einer perniziösen Anämie.
Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die vom Rektum ausgehend den Dickdarm befällt, aber auch extraintestinale Manifestationen auslösen kann.
Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine seltene Autoimmunerkrankung der Leber in Form einer chronisch-aktiven Hepatitis.
Bei der primär biliären Cholangitis (PBC) handelt es sich um eine chronische, immunvermittelte, granulomatöse, entzündliche Erkrankung der Gallenwege. Diese führt im Verlauf zur Gallengangsdestruktion und kann in eine Leberzirrhose münden.
Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronisch progrediente, sklerosierende Destruktion der extra- und intrahepatischen Gallenwege, die im Spätstadium zu einer biliären Zirrhose führt.
Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung mit belastungsabhängiger Skelettmuskelschwäche durch eine Autoantikörper-bedingte Blockierung und Zerstörung postsynaptischer nikotinerger Acetylcholinrezeptoren der neuromuskulären Endplatte.
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine akute erworbene demyelinisierende Polyradikulitis als Folge einer Autoantikörperbildung gegen Myelinproteine vorwiegend motorischer Nerven, wodurch es zu aufsteigenden Paresen unterschiedlichen Ausmaßes bis hin zu einer Tetraparese und Atemlähmung kommen kann.
Der Pemphigus vulgaris ist eine seltene, aber schwere, blasenbildende Autoimmunerkrankung der Haut und Schleimhaut mit intraepidermaler Spaltbildung als Folge von Autoantikörpern gegen Desmoglein 3 und 1.
Das bullöse Pemphigoid ist eine blasenbildende Autoimmunerkrankung der Haut und selten auch der Schleimhäute mit subepidermaler Spaltbildung als Folge von Autoantikörpern gegen BPAg1 und BPAg2.
Die Psoriasis ist eine entzündliche, chronisch-rezidivierende, erythematosquamöse Hauterkrankung. Die häufigste Form ist die Psoriasis vulgaris mit typischen geröteten, mit weißen Schuppen bedeckten Plaques (Plaque-Typ), die vorwiegend an den Streckseiten der Extremitäten lokalisiert sind. Häufig treten typische Nagelveränderungen (Nagelpsoriasis) auf, bei einem Teil der Patienten kommt es zu einer Gelenkbeteiligung (Psoriasis-Arthritis, PsA).
Das Erythema nodosum ist eine akut auftretende Entzündung des subkutanen Fettgewebes (Pannikulitis) unterschiedlicher Genese mit hochroten, schmerzhaften Knoten oder Plaques, die meist prätibial lokalisiert sind.
Vitiligo ist eine erworbene fleckförmige Hypo- bzw. Depigmentierung der Haut durch den Untergang pigmentproduzierender Melanozyten.
Bei der Alopecia areata kommt es plötzlich zu einem umschriebenen, meist reversiblen und nichtvernarbenden Verlust der Haare, meist im Bereich des Kapillitiums.
Die autoimmunhämolytische Anämie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper gegen Antigene der körpereigenen Erythrozyten gebildet werden. In der Folge kommt es zur Hämolyse und Anämie.
Die Immunthrombozytopenie ist eine erworbene, autoantikörperbedingte Thrombozytopenie, die zu einer reduzierten Überlebenszeit der Thrombozyten führt.
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch-entzündliche, autoimmune Systemerkrankung, die ausgehend von einer destruierenden Synovialitis zu einer progredienten Zerstörung des Gelenks führt und mit extraartikulären Manifestationen einhergehen kann.
Bei der Psoriasis-Arthritis handelt es sich um eine destruierend-proliferierende Gelenkentzündung aus der Gruppe der Spondyloarthropathien, die die peripheren Gelenke und/oder das Achsenskelett betreffen kann und im Zusammenhang mit einer Psoriasis vulgaris auftritt.
Die reaktive Arthritis ist eine autoimmune, entzündliche Gelenkerkrankung, die reaktiv (als Zweiterkrankung) nach pulmonalen, gastrointestinalen oder urogenitalen Infektionen mit bestimmten bakteriellen oder parasitären Erregern auftritt.
Die ankylosierende Spondylitis ist eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung, die typischerweise mit destruierenden und proliferierenden Veränderungen an der Wirbelsäule (Spondylitis) und den Iliosakralgelenken (Sakroiliitis) einhergeht. Im Endstadium führt sie zu einer Ankylosierung (Versteifung) der Wirbelsäule mit deutlicher Bewegungseinschränkung.
Das Sjögren-Syndrom ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung aus der Gruppe der systemischen Autoimmunopathien des Bindegewebes. Sie manifestiert sich an den exokrinen Drüsen, am häufigsten sind die Tränen- und Speicheldrüsen betroffen (Sicca-Syndrom).
Die systemische Sklerose ist eine generalisierte, chronisch-entzündliche Systemerkrankung aus der Gruppe der Autoimmunopathien des Bindegewebes, die durch eine überschießende Kollagenbildung charakterisiert ist. Sie führt zur diffusen Fibrose und Sklerosierung von Haut und Synovia sowie der inneren Organe. An den Gefäßen kommt es zu einer obliterierenden Angiopathie mit der Gefahr ischämischer Organinfarkte.
Die Mischkollagenose (Sharp-Syndrom) ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die sich am Bindegewebe und Gefäßsystem abspielt und zumeist ohne schwere Organbeteiligung verläuft. Die Symptomatik ist ein Mischbild verschiedener Kollagenosen wie systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Dermato-/Polymyositis und systemische Sklerose.
Die Riesenzellarteriitis ist eine granulomatöse Entzündung der mittelgroßen und großen Arterien v.a. im Kopfbereich (→ Äste der Karotiden und Vertebralarterien). Häufig ist die Temporalarterie betroffen (Morbus Horton).
Die Takayasu-Arteriitis ist eine granulomatöse Entzündung des Aortenbogens und seiner großen Äste.
Die Polyarteriitis nodosa ist eine Immunkomplexvaskulitis mit nekrotisierender steriler Entzündung der gesamten Gefäßwand mittelgroßer Arterien. Sie schreitet rasch voran und führt zu multipler Zerstörung von Organen. Besonders betroffen sind Nieren-, Mesenterialgefäße und Vasa nervorum.
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis ist eine chronisch-granulomatöse, nekrotisierende Kleingefäßvaskulitis mit eosinophiler Infiltration, die v. a. den oberen Respirationstrakt und die Lunge betrifft und mit einer Atopieneigung sowie einer Asthmasymptomatik einhergeht.
Die Granulomatose mit Polyangiitis ist eine granulomatöse, nekrotisierende Entzündung kleiner und mittelgroßer Gefäße unter Beteiligung des oberen Respirationstrakts und der Nieren mit chronisch-progredientem Verlauf. Sie ist durch den Nachweis zytoplasmatischer antineutrophiler Antikörper (cANCA) gekennzeichnet.
Die mikroskopische Polyangiitis ist eine nekrotisierende Vaskulitis ohne Granulombildung, die sich v.a. an den kleinen Gefäßen und Kapillaren im Bereich des Respirationstrakts und der Niere manifestiert.
Bei den Immunglobulin-G4-assoziierten (Autoimmun-)Erkrankungen (Immunoglobulin G4-Related Disease, IgG4-RD) handelt es sich um entzündlich-fibrosierende, systemisch verlaufende Multiorganerkrankungen mit erhöhtem IgG4-Serumspiegel. Charakteristisch sind diffuse Schwellungen der betroffenen Organe sowie folgende histopathologische Veränderungen: lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit IgG4-positiven Plasmazellen, storiforme (bastmattenartige) Fibrose und obliterierende Phlebitis. Prinzipiell kann jedes Organ betroffen sein; typische Manifestationsorte sind z.B. Pankreas, Leber, Gallenwege, Schilddrüse sowie Speichel- und Tränendrüsen.
Die IgG4-assoziierte Cholangitis ist die hepatobiliäre Manifestation der IgG4-assoziierten Erkrankungen. Sie ist in > 90% der Fälle mit einer Autoimmunpankreatitis Typ 1 assoziiert. Symptomatisch und in der Bildgebung ähnelt sie der primär- oder sekundär sklerosierenden Cholangitis oder auch dem cholangiozellulären Karzinom.
Als Mikulicz-Syndrom wird die beidseitige Schwellung der Tränen- und Speicheldrüsen bei verschiedenen Systemerkrankungen bezeichnet.