Hygiene, Infektiologie und Isolation
Die ausführliche Beschreibung der Desinfektion, Standardhygienemaßnahmen inklusive der Händehygiene sowie die Grundlagen der nosokomialen Infektionen sind Teil der Hygiene. An dieser Stelle werden nur die intensivmedizinisch relevanten Aspekte erläutert.
Grundlagen und Infektionsprophylaxe
Mit ca. 20–30% ist die Rate nosokomialer Infektionen auf europäischen Intensivstationen deutlich höher als auf Normalstation, weshalb eine adäquate Infektionsprophylaxe von größter Bedeutung ist.
Die Hygienemaßnahmen des Personals spielen eine wichtige Rolle bei der Verhinderung bzw. Minimierung einer Keimverschleppung zwischen den Patienten (→ Kreuzinfektionen) innerhalb einer Station:
regelmäßige Händedesinfektion: vor und nach Patientenkontakt, vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit Körperflüssigkeiten, nach Berühren der Patientenumgebung
Tragen von Bereichskleidung
Ablegen von Schmuck, Uhren oder Ringen
Vermeidung der Kontamination von Infusionslösungen, Kathetern, Dreiwegehähnen
Dokumentation der Liegedauer bei intravasalen Kathetern
regelmäßige Inspektion der Kathetereintrittsstellen
regelmäßige Flächendesinfektionen im Behandlungszimmer
Einhalten zusätzlicher Schutzmaßnahmen bei Patienten mit (multiresistenten) Problemkeimen, z.B.: Isolierung, Tragen von Schutzkleidung (u.a. speziellen Schutzkitteln, Handschuhen, Mundschutz, Plastiküberschuhen und Haube).
Die Hände des Krankenhauspersonals sind eine wichtige Infektionsquelle.
Adäquate und suffiziente Hygienemaßnahmen sind essenziell, um sowohl „normale“ als auch nosokomiale Infektionen zuverlässig zu verhindern.
Schutzisolation
Bis zum Beweis des Gegenteils erfolgt bei Patienten, bei denen eine potenzielle Kolonisation mit Problemkeimen vermutet wird, nach der Aufnahme auf die Intensivstation eine Schutzisolation.
Multiresistente Erreger
Einen Überblick über die multiresistenten Erreger sowie ausführliche Informationen zu den typischen resistenten Erregern im Klinikalltag (MRSA, VRE, MRGN, ESBL) gibt die Medizinische Mikrobiologie. An dieser Stelle geht es ausschließlich um die intensivmedizinisch relevanten Aspekte.
Epidemiologie und Ursachen der Resistenzentwicklung auf Intensivstationen
Die Inzidenz von Infektionen mit multiresistenten Erregern steigt jährlich an. Es gibt Vermutungen, dass etwa 3,7–20,7 % aller stationär behandelten Patienten eine Kolonisation mit MRSA aufweisen. Verschiedene Faktoren spielen bei der Entwicklung von Resistenzen auf Intensivstationen eine Rolle:
schwere (Vor-)Erkrankungen und Kachexie intensivmedizinischer Patienten
häufige Immunsuppression intensivmedizinischer Patienten
steigende Anzahl invasiver diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
intensiver Kontakt zwischen Personal und Patient aufgrund aufwendiger Pflegemaßnahmen oder Personalmangel
Vernachlässigung hygienischer Maßnahmen
unsachgerechte Anwendung von Breitspektrum-Antibiotika bei gewöhnlichen Infekten sowie zu lange bzw. zu unspezifische Anwendung von Antibiotika.
Typische Vertreter
Für multiresistente Erreger besteht eine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz.
MRSAgilt als einer der bedeutsamsten multiresistenten Keime und verursacht einen Großteil der Infektionen inner- und außerhalb des Krankenhauses. In der Regel bestehen Resistenzen gegen alle β-Laktamantibiotika sowie gegen Oxacillin
Gegenüber Vancomycin
Die häufigsten Infektionen durch multiresistente Staphylokokken sind Wund-, Katheter-, Harnwegsinfekte sowie Pneumonien.
Vancomycin
Multiresistente gramnegative Stäbchenzeigen multiple Resistenzen gegen Antibiotika und werden von der KRINKO in die Gruppen 3-MRGN und 4-MRGN unterteilt.
Diagnostik
Eine infektiologische Diagnostik bzw. ein Monitoring (u.a. Abstriche, Blutkulturen etc.) sollte nicht nur bei Aufnahme auf die Intensivstation, sondern auch regelmäßig im Verlauf durchgeführt werden.
Der Nachweis multiresistenter Keime aus dem Sekret einer Wunde, aus dem Trachealsekret oder von der (Schleim-)Haut ist keinesfalls gleichbedeutend mit einer (behandlungspflichtigen) Infektion – es kann auch eine „normale“ Kolonisation sein.
Therapie
Die einzig probaten Mittel zur Prävention sowie Bekämpfung multiresistenter Keime sind der rationale Einsatz von Antibiotika, z.B. im Rahmen eines Antimicrobial Stewardship (ABS)-Programms, und die Vermeidung ihrer Ausbreitung mittels konsequenter krankenhaushygienischer Maßnahmen (Isolation).
Antimicrobial Stewardship (ABS) steht für ein pragrammatisches und nachhaltiges Bemühen, den rationalen Einsatz von Antiinfektiva zu verbessern bzw. sicherzustellen. Entsprechende ABS-Programme umfassen Fortbildungskurse, ein Expertennetzwerk sowie die Erabreitung von evidenzbasierten Leitlinien.
Eine reine Kolonisation führt in der Regel nicht zu Infektionszeichen oder Komplikationen, weshalb nur in Ausnahmefällen eine Therapie erforderlich ist; eine lokale antibakterielle Behandlung (z.B. Turixin®-Nasensalbe bei Besiedelung des Nasen-Rachen-Raums mit MRSA, Waschungen mit Octenisept®) ist meist ausreichend.
Bei systemischen Infektionszeichen – z.B. Fieber, laborchemischer Anstieg der Entzündungsparameter – ist eine systemische Antibiotikatherapie indiziert. Sog. „Reserveantibiotika“ sollten nur bei gegebener Indikation, das heißt zur Therapie von Infektionen mit multiresistenten Erregern, zur Anwendung kommen.
Bei systemischen MRSA-Infektionen wird bislang die Gabe des Glykopeptidantibiotikums Vancomycin
Die Antibiose bei multiresistenten gramnegativen Erregern sollte immer in Absprache mit der Krankenhaushygiene und der Mikrobiologie nach Vorliegen eines Resistogramms erfolgen.
Antimicrobial Stewardship (ABS) steht für ein pragrammatisches und nachhaltiges Bemühen, den rationalen Einsatz von Antiinfektiva zu verbessern bzw. sicherzustellen. Entsprechende ABS-Programme umfassen Fortbildungskurse, ein Expertennetzwerk sowie die Erabreitung von evidenzbasierten Leitlinien.
Isolation auf der Intensivstation
Bereits bei dem Verdacht auf eine Kolonisation mit multiresistenten Keimen muss der intensivmedizinische Patient isoliert werden. Bei einer Infektion mit multiresistenten Keimen müssen die mikrobiologische Abteilung und der Hygienebeauftragte des Krankenhauses in Kenntnis gesetzt werden. Zudem sind die „Isolationszimmer“ entsprechend zu kennzeichnen und zur Vermeidung einer Verbreitung der multiresistenten Erreger sollten die Angehörigen über entsprechende Maßnahmen (z.B. Tragen von Schutzkitteln etc.) informiert werden. Ein Aufheben der Isolation und Beenden der Isolationsmaßnahmen darf erst erfolgen, wenn mehr als drei negative Abstriche aller besiedelten Körperregionen im Abstand von jeweils 48 Stunden vorliegen, ohne dass eine Antibiotikatherapie erfolgt ist.
Nosokomiale Infektionen auf der Intensivstation
Die höchste Rate nosokomialer Infektionen im Krankenhaus wird auf Intensivstationen beobachtet. Dabei sind v.a. patientenbezogene Faktoren wie Alter, Grunderkrankung oder Immunsuppression von Bedeutung für die erhöhte Infektionsneigung bei Intensivpatienten. Neben den patientenbezogenen Faktoren stellt die häufige Anwendung von Fremdmaterialien in der Intensivtherapie eine klassische Ursache für nosokomiale Infektionen (z.B. postoperative Wundinfektionen, beatmungsassoziierte Pneumonie, katheterassoziierte Harnwegsinfektion, Katheterinfektionen, Sepsis) dar.

Erregerspektrum nosokomialer Infektionen
Das Kreisdiagramm zeigt die häufigen Erreger wichtiger nosokomialer Infektionen.
(Quelle: Friedrich, Intensivmedizin, Multiresistente Erreger in der Intensivmedizin, intensiv (2006; 14(05): 225–231))Weitere Informationen zu den häufigsten nosokomialen Infektionen sind Teil der Hygiene und Inneren Medizin und finden sich bei den jeweiligen Krankheitsbildern:
Interventionsstudien konnten zeigen, dass durch die Anwendung adäquater Hygienemaßnahmen 80 000–180 000 nosokomiale Infektionen pro Jahr verhindert werden können.
Zur Beurteilung der Erkrankungsschwere sowie des Risikos für eine nosokomiale Infektionen können bei intensivmedizinischen Patienten bestimmte Scoring-System (z.B. APACHE II, SAPS 2 , TISS 10 etc.) eingesetzt werden.
Eines der weltweit am besten durchgeführten epidemiologischen Überwachungssysteme ist das KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) – ein Erfassungssystem für nosokomiale Infektionen, das europaweite Referenzzahlen für Indikatorinfektionen liefert, mit denen sich Krankenhäuser vergleichen können.
Virale nosokomiale Infektionen (z.B. CMV) verlaufen meist klinisch unauffällig und sind daher für den Klinikalltag – außer bei immunsupprimierten Patienten – eher von untergeordneter Bedeutung. Eine wichtige Ausnahme stellen nosokomiale Norovirus-Infektionen dar, die die häufigste Ursache für Krankheitshäufungen von Diarrhö und Erbrechen in Krankenhäusern darstellen. Sie sind v.a. aufgrund einer raschen epidemieartigen Ausbreitung bei Patienten und Personal von Bedeutung und können schnell zu einer Versorgungslücke auf der Intensivstation führen. Nur ein frühzeitig einsetzendes und konsequentes Hygienemanagement kann solche Ausbrüche rasch kontrollieren.
Nosokomiale Infektionen, insbesondere mit multiresistenten Erregern, verursachen erhebliche Mehrkosten durch eine verlängerte Liegedauer der Patienten und aufwendige notwendige Hygiene- und Isolationsmaßnahmen.
Katheterkolonisation, Katheterinfektionen und Kathethersepsis
Die Epidemiologie und die Risikofaktoren sowie Präventionsmaßnahmen katheterassoziierter Infektionen sind in der Hygiene beschrieben.
Die Anwendung von Fremdkörpern stellt ein Infektionsrisiko dar, weshalb die jeweilige Indikation täglich geprüft und die Kathetereintrittsstellen regelmäßig auf lokale Entzündungszeichen (z.B. Rötung, Schwellung etc.) untersucht werden sollten.
Sowohl die Anlage von Kathetern (z.B. peripher-venöser Zugang, ZVK, Shaldon-Katheter, arterieller Zugang) als auch eine längere Liegedauer der Katheter kann Komplikationen verursachen.
Zu den wichtigsten katheterassoziierten Komplikationen zählen die septische Thrombophlebitis, die Endokarditis, die Kathetersepsis und metastatische Infektionen, z.B. Lungenabszess oder Osteomyelitis.
Epidemiologie
Etwa 12% aller nosokomialen Infektionen auf europäischen Intensivstationen sind durch katheterassoziierte Infektionen verursacht, wovon der Großteil (ca. 90%) auf ZVKs (1–14 Fälle/1000 Kathetertage) zurückzuführen ist.
Infektionswege
Die Kolonisation (→ signifikante mikrobielle Katheterbesiedelung ohne klinische Symptomatik und ohne positive Blutkultur) eines Katheters ist die Voraussetzung für eine Katheterinfektion (→ Katheterkolonisation + lokale Entzündungszeichen) und kann auf verschiedenen Wegen entstehen:
extraluminal: Mikroorganismen der Haut gelangen entlang der Katheteroberfläche nach intravasal.
intraluminal: Ausbreitung der Erreger entlang des inneren Katheterlumens (z.B. durch kontaminierte Infusionslösungen oder Konnektionsstellen)
hämatogen: Mikroorganismen gelangen sekundär-hämatogen, durch bakteriämische Streuung eines anderen Infektionsherdes, zum Katheter.
Auch die Hände der Ärzte und des Pflegepersonals („Kreuzinfektion“) können eine Katheterkolonisation verursachen.
Typische Erreger
V.a. Hautkeime wie Staphylokokken (am häufigsten Koagulase-negative Staphylokokken) bilden das typische Keimspektrum katheterassoziierter Infektionen.
Staphylokokken können einen sog. Biofilm (→ Schleimschicht) bilden, unter dem Mikrokolonien sowohl vor der körpereigenen Abwehr als auch vor Antibiotika geschützt sind.
Im Hals- und Schulterbereich sind Infektionen mit Staph. aureus, Koagulase-negativen Staphylokokken oder Candida-Spezies am häufigsten, wohingegen in der Leistenregion zusätzlich – aufgrund der räumlichen Nähe zu Genitalien und Anus – häufig Infektionen mit Enterokokken, Enterobacteriacae und Pseudomonaden beobachtet werden.
Symptomatik
Typisch für Katheterinfektionen sind rezidivierende Fieberschübe, v.a. nach Injektion von Medikamenten über den betroffenen Katheter.
Diagnostik
Neben laborchemisch erhöhten Entzündungsparametern (z.B. Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP, BSG, PCT) können v.a. Blutkulturen, die zeitgleich aus dem vermutlich für die Infektion verantwortlichen Katheter und durch sterile venöse oder arterielle Punktion gewonnen werden, wichtige Hinweise geben. Zusätzlich muss die Katheterspitze eingeschickt und mikrobiologisch auf Keime untersucht werden.
Bei Verdacht auf eine katheterassoziierte Infektion sollten auf jeden Fall der „suspekte“ Katheter, besser jedoch auch alle anderen Katheter entfernt/gewechselt werden (sog. „Plastikwechsel“) .
Therapie
Bessert sich der klinische Zustand des Patienten nach Entfernen des Katheters nicht bzw. fällt das Fieber nicht innerhalb von einigen Stunden ab, ist eine antibiotische Therapie indiziert.
Wie lange eine Antibiotikatherapie fortgeführt werden muss, richtet sich nach der klinischen Situation. In der Regel kann die Antibiotikatherapie bei immunkompetenten Patienten 2–4 Tage nach deutlicher klinischer Besserung bzw. Entfieberung beendet werden, ohne den Behandlungserfolg zu gefährden.
In seltenen Fällen ist der Erreger bekannt, weshalb die Antibiotikatherapie meist zunächst kalkuliert begonnen und nach Erhalten des Resistogramms ggf. gezielt angepasst wird. Aufgrund des zu erwartenden Keimspektrums müssen grampositive Erreger sicher erfasst werden, weshalb z.B. Penicilline geeignet sind. Allerdings sollten v.a. auf Intensivstationen auch Infektionen mit multiresistenten Keimen (z.B. MRSA → Therapie: z.B. Vancomycin
Prävention
Die wichtigsten Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung einer Katheterinfektion sind die strenge Indikationsstellung zur Katheteranlage, die streng aseptischen Bedingungen bei der Katheteranlage, die regelmäßige Inspektion der Eintrittsstelle, die richtige Auswahl (→ einlumige Katheter haben ein niedrigeres Infektionsrisiko als mehrlumige Katheter!) und gründliche Pflege des Katheters (Reinigung, Desinfektion) sowie regelmäßige Verbandswechsel. Routinemäßige Katheterwechsel werden nicht empfohlen.
Eine adäquate Händehygiene ist auch beim Tragen von Handschuhen unbedingt erforderlich.
Antibiotikatherapie auf der Intensivstation
Allgemeine Grundsätze
Nach der schnellstmöglichen Diagnose von Infektionen ist eine sofortige, gezielte, sorgfältig ausgewählte Antibiotikatherapie häufig entscheidend für das Überleben schwerstkranker, intensivmedizinischer Patienten.
Intensivmedizinische Patienten erhalten etwa zehnmal häufiger eine antibiotische Therapie als Patienten auf Normalstationen. Hierbei spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Zum einen haben kritisch kranke Patienten häufiger chronische Erkrankungen und akute Störungen der „normalen“ Physiologie und zum anderen bedingt die Invasivität vieler intensivmedizinischer Maßnahmen sowie die Anzahl der einliegenden Katheter eine hohe Frequenz von Personalkontakt sowie Kontakt mit möglicherweise kontaminierter Technik. Zudem weisen Patienten auf der Intensivstation – im Vergleich zu Patienten auf der Normalstation – aufgrund ihrer akuten Erkrankung und der Therapien oft eine ausgeprägte Immunsuppression auf.
Vor Beginn einer antibiotischen Therapie muss unbedingt Material für die mikrobiologische Diagnostik (z.B. Trachealsekret, Blutkulturen, Urin) gewonnen werden.
Grundsätzlich sollte die antibiotische Therapie bei unbekanntem Erreger zunächst breit (kalkuliert) erfolgen und die wichtigsten möglichen Erreger bzw. das zu erwartende Keimspektrum abdecken sowie patientenspezifische Faktoren (z.B. Alter, Vorerkrankungen, Patienten aus Pflegeeinrichtungen, antibiotische Vorbehandlung etc.) und die örtliche Resistenzlage berücksichtigen. Nach Identifikation des Erregers bzw. Erhalten der mikrobiologischen Diagnostik sollte schnellstmöglich eine gezielte antibiotische Therapie nach Resistogramm (sog. Deeskalation) erfolgen. Zudem gilt, dass jede Antibiotikatherapie nur so lange wie nötig fortgeführt werden sollte.
Kritisch kranke, intensivmedizinische Patienten sollten möglichst frühzeitig und mit adäquaten therapeutischen Dosen („hit hard and early“) behandelt werden.
Die Grundprinzipien einer antibiotischen Therapie sind in der „Tarragona-Strategie“ zusammengefasst:
„Hit hard“: Die primäre Therapie sollte mit einem Breitbandantibiotikum (z.B. Acylaminopenicillin, Cephalosporin der 3. Generation) erfolgen.
„Get to the Point“: Um effektive Konzentrationen am Wirkort zu erreichen, sollten pharmakokinetische und -dynamische Eigenschaften der einzelnen Wirkstoffe berücksichtigt werden (z.B. kontinuierliche Antibiotikagabe zur Gewährleistung eines konstanten Serumspiegels, Gewebegängigkeit berücksichtigen).
„Look at your Patient“: Zudem sollten patientenindividuelle Risikofaktoren bedacht und der klinische Verlauf während der Therapie beachtet werden.
„Listen to your Hospital“: Bei der Auswahl der Wirkstoffe sollte im Hinblick auf das zu erwartende Keimspektrum die lokale Epidemiologie und Resistenzsituation miteinbezogen werden.
„Focus, focus, focus“: Nach dem Erregernachweis sollte die Deeskalation bzw. Anpassung der Antibiotikatherapie erfolgen. Grundsätzlich gilt, dass die „optimale“ Therapie so schmal wie möglich, so breit wie nötig aufgestellt werden sollte.
Neben der chirurgischen Herdsanierung – sofern möglich – bildet die antibiotische Therapie die zentrale Komponente der antiinfektiösen Therapie.
am häufigsten (ca. ⅔) Lunge und Atemwege (z.B. VAP: Ventilator-assoziierte Pneumonie)
Katheter
Urogenitalsystem (Harnwegsinfekte)
Bakteriämien
andere Infektionen.
In der Intensivmedizin haben sowohl grampositive als auch gramnegative Infektionen in etwa eine gleich große Bedeutung, zudem sind auch systemische Pilzinfektionen häufig.
Wichtigste Antibiotikagruppen im intensivmedizinischen Bereich
Die ausführliche Beschreibung der jeweiligen Substanzen inklusive Wirkmechanismus, Indikationen und Kontraindikationen sowie unerwünschten Wirkungen ist Teil der Pharmakologie. An dieser Stelle sind nur die intensivmedizinisch relevanten Aspekte der einzelnen Antibiotikaklassen aufgeführt.
Gruppe | Substanz und Handelsname | Standarddosierung | Erregerspektrum |
Penicilline | |||
Penicillin G (Penicillin G®) | 3 × 10–20 Mio. IE | Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken, Borrelien | |
Flucloxacillin | 4 × 1–2 g | Staphylokokken | |
Breitspektrum-Penicilline + β-Laktamase-Inhibitor | |||
3 × 3 g | grampositiven bis gramnegativen Bereich | ||
4 × 4,5 g | sehr breites Wirkspektrum auch gegen gramnegative Keime und Pseudomonas | ||
Cephalosporine | |||
1. Generation | Cefazolin | 3 × 2 g | gut wirksam gegen grampositive Erreger |
2. Generation | Cefuroxim | 3 × 1,5 g | gut wirksam gegen grampositive Erreger, etwas besser gegen gramnegative Erreger, cave: Pseudomonaslücke! |
3a. Generation | Ceftriaxon | 2 × 2 g | Mittel der Wahl bei Meningokokkenmeningitis, etwas schwächer gegen grampositive, etwas besser gegen gramnegative Erreger, cave: Enterokokken- und Pseudomonaslücke! |
3b. Generation | Ceftazidim | 3 × 2 g | gut wirksam gegen gramnegative Erreger, inklusive Pseudomonas, schwach gegen grampositive Erreger |
4. Generation | Cefepim | 3 × 2 g | gut wirksam im grampositiven (Staphylokokken, Streptokokken) und gramnegativen Bereich, inklusive Pseudomonas |
5. Generation | Ceftarolin (Zinforo®) | 2 × 600 mg | sehr gut wirksam gegen Streptokokken und Staphylokokken, inklusive MRSA, eingeschränkt wirksam gegen gramnegative Erreger, nicht wirksam gegen Pseudomonas! |
Carbapeneme | |||
Imipenem | 3 × 1–2 g | breitestes Wirkspektrum aller β-Laktame: wirksam gegen grampositive, gramnegative und anaerobe Erreger, Wirklücken: Clostridioides difficile, E. faecium, Legionellen, Mykoplasmen, MRSA | |
Meropenem | 3 × 1 g | breitestes Wirkspektrum aller β-Laktame: wirksam gegen grampositive, gramnegative und anaerobe Erreger, noch besser wirksam gegen Pseudomonas! Wirklücken: Clostridioides difficile, E. faecium, Legionellen, Mykoplasmen, MRSA | |
Aminoglykoside | |||
Gentamycin (Refobacin®) | 3 × 0,4 g, weiter nach Spiegel | v.a. im gramnegativen Bereich wirksam, nur zur Behandlung schwerster/lebensbedrohlicher Infektionen, cave: Oto- und Nephrotoxizität! | |
Glykopeptide | |||
Vancomycin | 2 × 2 g, weiter nach Spiegel | nur wirksam gegen grampositive Erreger (inkl. MRSA; cave: VRE!); oral auch bei schweren Fällen von Clostridioides-difficile-Infektionen wirksam, gut wirksam bei Blutstrominfektionen | |
Oxazolidinone | |||
Linezolid | 3 × 0,6 g | Reserveantibiotikum gegen grampositive Erreger (inkl. MRSA), nur bakteriostatisch, hohe Gewebe-, niedrige Blutkonzentrationen | |
Fosfomycin | |||
Fosfomycin | 3 × 3–5 g | Reserveantibiotikum, breit wirksam gegen viele grampositive und gramnegative (resistente) nosokomiale Keime, sehr gute Gewebegängigkeit | |
Gyrasehemmer | |||
Ciprofloxacin | 2 × 0,4 g | Breitbandantibiotikum mit hoher Wirksamkeit im gramnegativen Bereich, inklusive Pseudomonas und bei intrazellulären Erregern, schwächer wirksam im grampositiven Bereich | |
Moxifloxacin | 1 × 0,4 g | sehr wirksam gegen grampositive, gramnegative und anaerobe Erreger, nicht ausreichend wirksam gegen Pseudomonas (cave: Anwendungsbeschränkung) | |
Nitroimidazole | |||
Metronidazol | 3 × 0,5 g | wirksam gegen Anaerobier, Amöben, Flagellaten | |
Tetrazykline | |||
Doxycyclin | 2 × 0,1 g | wirksam gegen grampositive, gramnegative und viele atypische Erreger | |
Tigecyclin | initial 1 × 100 mg, dann 2 × 50 mg | Reserveantibiotikum bei schweren Infektionen mit multiresistenten Stämmen (MRSA, VRE, ESBL), cave: Pseudomonaslücke!, cave: Anwendungsbeschränkung | |
Lincosamide | |||
Clindamycin | 3 × 0,6 g | wirksam gegen Streptokokken, Staphylokokken, Anaerobier, Alternative bei Penicillin-Allergie | |
Makrolide | |||
Clarithromycin | 2 × 0,5 g | ambulant erworbene Atemwegsinfekte, auch wirksam gegen atypische und intrazelluläre Erreger, nicht geeignet bei schweren Infektionen | |
Sulfonamide | |||
Cotrimoxazol | 2 × 960 mg | breite Wirksamkeit, aber viele Neben- und Wechselwirkungen sowie Resistenzen, Einsatz v.a. bei Harnwegs- und Pneumocystis-jirovecii-Infektionen |
Sepsis
Die Sepsis ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild mit hoher Mortalitätsrate und die häufigste Todesursache auf Intensivstationen.
Die ausführliche Beschreibung dieser lebensbedrohlichen Organdysfunktionerfolgt separat als Teil der Inneren Medizin.