Akute respiratorische Insuffizienz (ARI)
Das respiratorische System lässt sich in zwei Kompartimente unterteilen:
die Lunge als Gasaustauschorgan
die ventilierende Atempumpe: → Atemzentrum, Thorax, Atemmuskulatur, Nerven.
Dementsprechend wird die respiratorische Insuffizienz in ein Lungenparenchymversagen (Oxygenationsversagen) und ein Atempumpversagen (Ventilationsversagen) eingeteilt.
Definitionen
Hypoxämische respiratorische Insuffizienz (respiratorische Partialinsuffizienz)
Als Folge einer Gasaustauschstörung in der Lunge kann eine hypoxämische respiratorische Insuffizienz (respiratorische Partialinsuffizienz) resultieren mit erniedrigtem arteriellem Sauerstoffpartialdruck paO2 (Hypoxämie) bei normalem Kohlendioxidpartialdruck paCO2 und normalem pH-Wert.
Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (respiratorische Globalinsuffizienz)
Als Folge einer Gasaustauschstörung in der Lunge und einer insuffizienten mechanischen Atempumpe oder aufgrund einer zentralen Atemregulationsstörung kann sich eine hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (respiratorische Globalinsuffizienz) entwickeln mit erniedrigtem arteriellem Sauerstoffpartialdruck paO2 (Hypoxämie) bei zusätzlich erhöhtem Kohlendioxidpartialdruck (paCO2 > 45 mmHg; Hyperkapnie) und abfallendem pH-Wert (→ respiratorische Azidose).
Einteilung und Ätiologie
Kann die für die Aufrechterhaltung eines suffizienten Gasaustausches notwendige Atemarbeit nicht mehr vom Patienten aufgebracht werden, entwickelt sich eine respiratorische Insuffizienz.
Die wichtigsten Ursachen einer respiratorischen Insuffizienz sind:
Lungenparenchymversagen: Pneumonie, ARDS, kardiogenes Lungenödem, Lungenfibrose
, Pneumothorax/Spannungspneumothorax , Reduktion des durchbluteten Lungengewebes (z.B. bei Lungenembolie)Atempumpschwäche bzw. Atempumpversagen:
zentrale Atemlähmung: z.B. bei Opioid-Intoxikation, Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutung
periphere Atemlähmung: z.B. bei Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP)
gestörte Atemmechanik: z.B. bei Thoraxtrauma, restriktiven und obstruktiven Ventilationsstörungen (z.B. COPD
, Asthma bronchiale), Zwerchfellhernie, Adipositasneuromuskuläre Störungen: z.B. bei Myasthenia gravis
, Guillain-Barré-Syndrom , Muskelatrophie nach Langzeitbeatmung.

Einteilung und Ätiologie der respiratorischen Insuffizienz
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Symptomatik
Leitsymptom der respiratorischen Insuffizienz ist die Tachypnoe (→ Atemfrequenz > 35/min)!
Weitere klinische Symptome sind Dyspnoe, Zyanose, Abnahme des Atemzugvolumens, paradoxe Atmung, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur sowie ein erhöhter Sympathikotonus mit psychomotorischer Unruhe, Schwitzen, Tachykardie und Hypertonie.
Diagnostik
Die Diagnose wird durch eine arterielle Blutgasanalyse gestellt, zudem gehören zur Basisdiagnostik die Anamnese, körperliche Untersuchung und ein Röntgen-Thorax.
Therapie
Leichtere Formen der respiratorischen Insuffizienz können durch die Gabe von Sauerstoff, Atemtraining und Physiotherapieerfolgreich therapiert werden. Je nach Indikation kann jedoch auch eine nicht-invasive Beatmung oder eine endotracheale Intubation und maschinelle Beatmung notwendig werden.
Sauerstofftherapie
Die Gabe von Sauerstoff stellt eine symptomatische Therapie bei arterieller Hypoxie dar.
Verabreichungsformen
Verabreichungsform | möglicher Flow (in l/min) | max. FiO2 |
Nasensonde | 2–4 | 0,2–0,3 |
Nasenbrille | max. 6 | 0,3–0,4 |
Gesichtsmaske mit oder ohne Reservoir und Nichtrückatemventil | 8–15 | 0,7–1,0 |
Gesichtsmaske mit Demand-Ventil | – | bis 1,0 |
nicht-invasive Beatmung (NIV) | bis zu 70 (je nach Respirator) | bis 1,0 |
FiO2 = inhalative O2-Konzentration |
möglicher Flow: 6–15 l/min
max. erzielbare inhalative O2-Konzentration (FiO2): 0,4–1,0.
Tubus und maschinelle Beatmung (→ Beatmungsgerät):
möglicher Flow: geräteabhängig
max. erzielbare inhalative O2-Konzentration (FiO2): bis 1,0.
Dosierung
Eine „blinde“ Sauerstofftherapie wird nicht empfohlen, da sich eine Hyperoxie in vielen Fällen (z.B. Myokardinfarkt, Z.n. Reanimation etc.) schädigend auf die Organe auswirken kann.
In der Regel erfolgt die Sauerstoffgabe in Abhängigkeit von der nicht-invasiv gemessenen Sauerstoffsättigung des arteriellen Bluts (SpO2):
Bei einer SpO2 ≥ 90% erfolgt in der Regel eine Sauerstoffinsufflation von 2–4 l/min über eine Nasensonde oder -brille.
Bei einer SpO2 ≤ 90% erfolgt in der Regel eine Sauerstoffinsufflation von 6–15 l/min über eine Gesichtsmaske.
Bei Patienten, bei denen ein erhöhter Sauerstoffpartialdruck im Blut zu einem verminderten Atemantrieb führt (z.B. COPD-Patienten), sollte eine Ziel-Sauerstoffsättigung von 88–92% angestrebt werden: In diesen Fällen werden bei einer SpO2 < 80% 6–10 l/min und bei einer SpO2 > 80% max. 4 l/min verabreicht.
Indikationen zur Beatmung
Ziel einer maschinellen Beatmung ist es, bei einer respiratorischen Insuffizienz eine dem Bedarf angepasste Ventilation (= Oxygenierung und Eliminierung von CO2) zu gewährleisten und Komplikationen (z.B. Hypoxie, beatmungsbedingte Schädigungen, Ventilator-assoziierte Infektionen) zu vermeiden.
Die Beatmung kann je nach Indikation als nicht-invasives Beatmungsverfahren (z.B. CPAP-Maske oder NIV-Helm) oder alternativ über einen Endotrachealtubus oder eine Trachealkanüle erfolgen.
Sind andere Maßnahmen (z.B. Sauerstoffapplikation, Physiotherapie) nicht erfolgreich oder erfolgsversprechend, ist bei einer reversiblen Einschränkungen des pulmonalen Gasaustauschs und/oder der Atemmechanik eine Beatmung indiziert. Zudem überschneiden sich die Indikationen der endotrachealen Intubation mit denen der maschinellen Beatmung.
Die Entscheidung für die Beatmung erfolgt nicht anhand starrer Grenzwerte, sondern vielmehr anhand patientenspezifischer Faktoren in Abhängigkeit von Anamnese, klinischem Bild und Verlauf sowie von Vorerkrankungen und Prognose: Beispielsweise werden Patienten mit COPD und chronischer Hyperkapnie vergleichsweise spät und erst bei hohen pCO2-Werten intubiert, wohingegen bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma eine frühzeitige Intubation und Beatmung zur Vermeidung eines Hirndruckanstiegs bereits bei leicht erhöhten paCO2-Werten indiziert ist.
Bei fehlenden Schutzreflexen (cave: Aspirationsgefahr!), Bewusstseinsstörungen (GCS ≤ 8 Punkte) oder Schwellung der oberen Atemwege muss eine Atemwegssicherung mittels endotrachealer Intubation erfolgen.
Der Ablauf der standardmäßigen intravenösen Narkoseeinleitung, die Durchführung der Maskenbeatmung und die endotracheale Intubation sind Teil der Anästhesie.
Parameter der Beatmungstherapie
Die inspiratorische Sauerstoffkonzentration wird abhängig vom arteriellen Sauerstoffpartialdruck (paO2) im Blut gewählt.
Der Ziel-paO2 liegt bei Erwachsenen bei ca. 80–100 mmHg. Als Faustregel gilt: paO2 = 100–(Alter/3); vorausgesetzt, bestimmte (Vor-)Erkrankungen machen keinen höheren (z.B. Schock) oder niedrigeren (z.B. vorbestehende strukturelle Lungenerkrankung) Wert erforderlich.
Das AMV errechnet sich aus dem Produkt von AF und AZV (= Tidalvolumen VT, ventiliertes Volumen pro Atemzug).
Hier geht's zum Formel-Rechner.
Die Werte AMV, AZV und AF werden am Beatmungsgerät in der Regel anhand des paCO2-Wertes eingestellt, um eine Normokapnie zu erreichen (ca. 37–42 mmHg).
Das AZV sollte grundsätzlich nicht > 6–8 ml/kg (idealem) Körpergewicht betragen (Komponente der lungenprotektiven Beatmung) und die AF sollte nicht zu hoch gewählt werden, um ausreichend Zeit zur Exspiration sicherzustellen.
Der positive Atemwegsdruck am Ende der Exspiration (PEEP) durch Schluss des Exspirationsventils verhindert ein zyklisches Kollabieren von Alveolen sowie konsekutiv evtl. von ganzen Lungenarealen, bewirkt die Eröffnung nicht belüfteter Alveolen (→ Recruitment) und ist v.a. bei Erkrankungen des Lungenparenchyms mit Störung des Gasaustauschs (z.B. kardiales Lungenödem) indiziert. Der PEEP bewirkt zudem eine optimierte funktionelle Residualkapazität (FRC), eine Vergrößerung der gasaustauschenden Oberfläche („alveoläres Recruitment“), eine Abnahme des Rechts-links-Shunts sowie eine Senkung der linksventrikulären Vorlast.
Bei der Beatmung von Patienten mit erhöhtem intrakraniellen Druck („Hirndruck“) oder einer Lungenembolie sollte der PEEP so niedrig wie möglich gewählt werden, sodass gerade noch eine ausreichende Oxygenierung sichergestellt wird, da hoher PEEP hier eine lebensbedrohliche Verschlechterung herbeiführen kann. Bei einem nicht drainierten Pneumothorax kann jede Form der Beatmung mit positivem Druck zum raschen Progress eines Pneumothorax führen, sodass hier schnellstmöglich eine Thoraxdrainage angelegt werden muss.
Aufgrund der intrathorakalen Druckerhöhung im Rahmen einer Beatmung mit PEEP kommt es zu einer venösen Rückflussbehinderung, einer erhöhten Nachlast des rechten Herzens, Verschlechterung der diastolischen Rechtsherzfunktion und damit einer Abnahme des HZV (cave: bei Schock, Hypovolämie!).
Ein PEEP kann bei jeder Beatmungsform eingesetzt werden und gehört grundsätzlich zum Konzept der lungenprotektiven Ventilation.
Als Beatmungsdruck bezeichnet man den zur Verabreichung des Atemzugvolumens erforderlichen Druck im Beatmungssystem.
Dabei unterscheidet man zwischen dem maximalen Atemwegsspitzendruck („Peakdruck“) – einer überschießenden Druckspitze während der Inspirationsphase, wenn der Inspirationsflow kurzzeitig das in die Lungenperipherie abfließende Volumen überschreitet – und dem Plateaudruck (regelhaft gleich hoch oder niedriger als der Peakdruck).
Hohe Atemzugvolumina können ebenso wie hohe Beatmungsdrücke eine Schädigung des Lungenparenchyms verursachen. Bei Erwachsenen sollte der inspiratorische Beatmungsdruck daher nicht dauerhaft > 35 mmHg sein.
Bei Verwendung kleiner Endotrachealtuben kann der am Beatmungsgerät angezeigte Beatmungsdruck nicht mit dem Druck in den Atemwegen oder den Alveolen gleichgesetzt werden, da der Beatmungsdruck bei definierten Atemzugvolumina mit abnehmendem Tubusdurchmesser überproportional ansteigt.
Die Inspirationsbemühungen des Patienten lösen am Beatmungsgerät eine Reaktion aus. Grundsätzlich sollte die Triggerschwelle möglichst niedrig gewählt werden, um zusätzliche Atemarbeit zu vermeiden. Die Triggerempfindlichkeit ist je nach Beatmungsgerät entweder fest vorgegeben oder als Differenzdruck oder Flowäquivalent manuell einstellbar:
Drucktrigger: 0,5–5 mbar
Flowtrigger: 1–15 l/min.
Die Strömungsgeschwindigkeit der Atemgase während der Inspiration wird als Flow bezeichnet (in der Regel: 15–60 l/min).
Je höher der Inspirationsflow, desto steiler der Druckanstieg in den Atemwegen, desto höher der Verbrauch an Atemgasen und desto größer die Gefahr einer Schädigung des respiratorischen Epithels durch Austrocknung (→ Einsatz sog. HME-Filter empfohlen).
Als I:E-Ratio bezeichnet man das Verhältnis von Inspiration zu Exspiration.
Um den physiologischen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, sollte bei Erwachsenen ein I:E-Verhältnis von 1:1,5 bis 1:2, bei Kindern eher 1:1 gewählt werden.
Bei lungengesunden Patienten wird in der Regel ein I:E-Verhältnis von 1:2 bis 1:1 gewählt. Bei schweren Gasaustauschstörungen, insbesondere bei restriktiven Störungen, und der Notwendigkeit eines hohen Beatmungsdrucks kann durch eine sog. Inverse-Ratio-Ventilation (IRV; bis zu 4:1 möglich), bei der die Inspirationszeit länger als die Exspirationszeit ist, eine verbesserte Oxygenierung sowie bessere Belüftung von Lungenarealen mit erhöhtem Atemwegswiderstand (→ mehr Zeit zum Öffnen atelektatischer Lungenareale) erreicht werden. Allerdings kann sich aufgrund der kurzen Exspirationszeit ein sog. „intrinsic PEEP“ bilden, der mit der Zeit die Gefahr einer allmählichen Überblähung der Lunge durch sich addierende exspiratorische Restvolumina mit sich bringt. Nachteilig ist zudem eine höhere kardiovaskuläre Belastung (→ invasives Monitoring der kardiopulmonalen Parameter empfohlen!) des Patienten, da IRV den pulmonalen Mitteldruck erhöht und durch Abnahme des venösen Rückstroms einen Abfall des Herzzeitvolumens verursacht.
Einteilungen und Stufen der Beatmungstherapie
Einteilungen der Beatmungsverfahren
Die Einteilung der Beatmungsverfahren kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen. Die Beatmungsform gibt an, welchen Anteil der Atemarbeit das Beatmungsgerät übernimmt und ob der Patient mit dem Beatmungsgerät interagiert:
spontan: Die Atemarbeit wird nahezu vollständig von der Atemmuskulatur des Patienten aufgebracht.
unterstützt (augmentiert, assistiert): Das Beatmungsgerät übernimmt nur einen Teil der Atemarbeit, der restliche Anteil wird vom Patienten aufgebracht.
kontrolliert oder mandatorisch (= erzwungen): Das Beatmungsgerät übernimmt die gesamte Atemarbeit.
Eine weitere Einteilung berücksichtigt den Zugangsweg bzw. die Invasivität der Beatmungsverfahren:
Komplikationen und klinische Aspekte | nicht-invasive Beatmung | invasive Beatmung |
Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP) | selten | häufig |
tubusbedingte zusätzliche Atemarbeit | nein | ja |
tracheale Früh- und Spätschäden | nein | ja |
Sedierung | selten erforderlich | häufig erforderlich |
intermittierende Applikation möglich | häufig | selten |
effektives Husten möglich | ja | nein |
Essen, Trinken, Kommunikation möglich | ja | erschwert |
Aerophagie | gelegentlich | kaum |
erschwertes Weaning | selten | 10–20% |
Atemwegszugang | indirekt | direkt |
Druckstellen im Gesicht | gelegentlich | nein |
CO2-Rückatmung | selten | nein |
Leckage | ja | kaum |
Nutze die Chance und teste die einzelnen Beatmungsmodi in deinem Anästhesie-Praktikum unter Anleitung eines Anästhesisten ganz einfach an dir selbst, indem du beispielsweise das Y-Stück in den Mund nimmst oder dir eine CPAP-Maske aufsetzt und die verschiedenen Beatmungsformen nacheinander am Beatmungsgerät einstellst. Dieser Selbstversuch wird dir helfen, die unterschiedlichen Parameter und Unterschiede der Beatmungsmodi, aber auch das Gefühl der Patienten besser zu verstehen.
Stufen der Beatmungstherapie
In Abhängigkeit von der Spontanatmung (vorhanden bzw. fehlend) kann die Beatmungstherapie zudem anhand ihrer Invasivität in verschiedene Stufen eingeteilt werden.
Die folgenden physiotherapeutischen Maßnahmen können zu einer deutlichen Verbesserung des Gasaustauschs beitragen:
Lagerungstherapie
Bronchialtoilette: Physiotherapie, Inhalationstherapie, medikamentöse Sekretolyse, endotracheale Absaugung
Klopfmassage
Sekretmobilisation.
Bei vorhandener Spontanatmung können unterstützende Beatmungsformen eingesetzt werden; eine Triggerung des Beatmungsgeräts erfolgt in diesen Fällen durch den Patienten selbst:
Bei komplettem Ausfall der Spontanatmung bzw. inadäquatem Gasaustausch unter assistierter Beatmung ist der Einsatz kontrollierter Beatmungsformen indiziert:
Kombinierte Verfahren (z.B. BIPAP, SIMV) hingegen garantieren ein gewisses Maß an kontrollierter Beatmung und erlauben zudem eine Spontanatmung des Patienten.
Nicht-invasive Beatmung (NIV)
Nicht-invasive Beatmung
Als nicht-invasive Beatmung bezeichnet man eine assistierte oder kontrollierte maschinelle Beatmung unter Verwendung von Beatmungsmasken oder -helmen, ohne Endotrachealtubus.
NIV vermindert die Atemarbeit und wird daher v.a. bei Versagen der Atempumpe eingesetzt.
Um die Compliance des Patienten zu erhöhen, sollte das Verfahren ausführlich erklärt und dem Patienten v.a. zu Beginn der NIV beruhigend zur Seite gestanden werden. Zudem sollte die NIV-Maske zunächst nur mit der Hand aufgesetzt und erst im Verlauf fest auf dem Gesicht fixiert und die Beatmungsparameter (v.a. PEEP und Pinsp) langsam, je nach Toleranz, gesteigert werden.
NIV reduziert zahlreiche beatmungsassoziierte Komplikationen bzw. Komplikationen der Langzeitintubation – hierzu gehört insbesondere die Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP). Weitere Vorteile sind die Reduktion der Intubationshäufigkeit, die Abnahme nosokomialer Infektionen, die Verkürzung der Intensivbehandlungsdauer und die Senkung der Letalitätsrate.
Grundsätzlich lässt sich jeder verfügbare Beatmungsmodus mit NIV über eine Maske verabreichen; besonders gebräuchlich sind CPAP, PSV und BIPAP. Ausschließlich kontrollierte Beatmungsmodi sind meist nur bei sedierten Patienten möglich.
Diese Beatmungsform unter Einsatz einer Gesichts- oder Nasenmaske erlaubt eine Spontanatmung des Patienten und stellt einen kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck (PEEP) sicher. Typische Indikationen sind:
isolierte O2-Austauschstörungen
Eröffnung von Atelektasen
Verbesserung der funktionellen Residualkapazität (FRC)
Entwöhnung vom Beatmungsgerät bei Patienten mit COPD
Stabilisierung der Lungenfunktion nach Extubation
postoperatives respiratorisches Versagen
obstruktive und restriktive Funktionsstörungen der Lunge
akute Exazerbation einer COPD bzw. hyperkapnische ARI
(kardiales) Lungenödem
Voraussetzung für eine nicht-invasive Masken-CPAP-Beatmung ist eine erhaltene Spontanatmung. Cave: Um eine akzidentelle Luftinsufflation in den Magen und damit eine Aspiration zu verhindern, sollte der PEEP nicht > 10 mmHg und der Beatmungsspitzendruck nicht > 25 cmH2O liegen.
Kontraindikationen sind:
absolute:
fehlende Spontanatmung, Schnappatmung, fixierte oder funktionelle Verlegung der Atemwege
gastrointestinale Blutung, Ileus
nicht-hyperkapnisch bedingtes Koma, schwere Vigilanzstörung
Aspirationsgefahr
Verletzungen/Trauma im Gesichtsbereich (z.B. Mittelgesichtsfraktur)
relative:
hyperkapnisches Koma, erhebliche Agitation
ausgeprägter Sekretverhalt
schwergradige Hypoxämie oder Azidose (→ pH < 7,1), hämodynamische Instabilität (kardiogener Schock, Myokardinfarkt)
anatomische oder subjektive Schwierigkeiten hinsichtlich des Beatmungszugangs
Z.n. operativem Eingriff im oberen Gastrointestinaltrakt.
Das Prinzip dieser Beatmungsform beruht auf einer druckunterstützten Beatmung unter Verwendung spezieller NIV-Respiratoren oder Intensivrespiratoren mit NIV-Modus (Anzeige und Messung der Leckagerate essenziell!) – diese maschinelle Atmungsunterstützung soll der Entlastung und Erholung der Atemmuskulatur dienen.
Indikationen sind:
respiratorische Globalinsuffizienz, chronisch ventilatorische Insuffizienz: z.B. COPD, neuromuskuläre Erkrankungen
intermittierende stundenweise Beatmung, nächtliche Beatmung, Heimbeatmung.
Beatmung per Maske: Im Rahmen der nicht-invasiven Beatmung können verschiedene Beatmungsmasken eingesetzt werden. Voraussetzungen sind eine gute Passform (→ reduzierte Leckagerate!), ein hoher Tragekomfort und ein kleiner Totraum.
Beatmung per Helm:
Alternativ kann bei akutem hypoxämischem Lungenversagen (schwere Pneumonie, Lungenödem, Aspiration

Nicht-invasive Beatmung: Beatmungshelm
Bei der nicht-invasiven Beatmung können auch sog. Beatmungshelme eingesetzt werden, die den kompletten Kopf des Patienten umschließen, ohne die Bewegungsfreiheit des Kopfes oder das Sehfeld des Patienten einzuschränken (unten). Auch die Dichtigkeit des Systems ist nahezu unabhängig von Patientenbewegungen; „normale Tätigkeiten“ – z.B. Trinken – gelingen während der NIV problemlos (oben).
(Quelle: Haverkamp, Herth, Messmann, Internistische Intensivmedizin, Thieme, 2008)Intensivpatienten unter NIV müssen engmaschig klinisch beobachtet werden. Die Erfolgsbeurteilung erfolgt per pulsoxymetrischem Monitoring und regelmäßigen BGAs; der Erfolg sollte nach 1–2 Stunden eintreten.
Zunahme der alveolären Ventilation → Abnahme des paCO2 um > 15–20%
Verbesserung der Oxygenierung → SaO2 90%
Entlastung der Atempumpe: Abnahme von Herzfrequenz und Atemfrequenz (um 20%)
subjektive Besserung → rückläufige Dyspnoe!
Anstieg des arteriellen pH-Werts ≥ 7,35
Normalisierung der Bewusstseinslage.
Je höher der PEEP, desto besser die Oxygenierung (empfohlene Einstellung → PEEP: 5–12 mbar).
Abfall des pH-Werts < 7,35 mit Anstieg des paCO2 um > 15–20%
Dyspnoe
Atemfrequenz > 35/min bzw. höher als bei Aufnahme
Atemstillstand
progrediente Bewusstseinsstörungen bzw. -trübung
SaO2 < 85% trotz FiO2 > 0,5
Störungen der Kooperation
nicht beherrschbare Aerophagie
nicht beherrschbare Maskenprobleme (z.B. Hautschäden)
Aspiration
bradykarde Herzrhythmusstörungen
hämodynamische Instabilität.
Invasive Beatmung
Invasive Beatmung
Unter invasiver Beatmung versteht man eine maschinelle Beatmung über einen Endotrachealtubus oder eine Trachealkanüle.
Indikationen sind:
großflächige Verbrennungen
Bewusstlosigkeit, fehlendende Schutzreflexe
schwere Aspiration
erhöhter Hirndruck.
Bei Patienten ohne chronische Lungenerkrankung können folgende Werte als Richtwerte zur Indikationsstellung (Einzelfallentscheidung!) einer invasiven Beatmung herangezogen werden:
Atemfrequenz > 35/min oder < 7/min
paO2 < 40–70 mmHg
paCO2 > 50–60 mmHg
pH-Wert < 7,3 (→ respiratorische Azidose)
FEV1 < 10 ml/kg KG.
Bei chronischen Lungenerkrankungen orientiert sich die Beatmungsindikation an der klinischen Einschätzung (z.B. Dyspnoe mit Erschöpfung, Schockzeichen, beginnende CO2-Narkose).
Bei akuten Erkrankungen mit guter Prognose unter Beatmung (z.B. Pneumonien) hingegen ist die Indikation großzügiger zu stellen als beispielsweise bei terminalen oder chronischen Erkrankungen.
Assistierte Beatmungsverfahren
Assistierte Beatmungsformen unterstützen die Spontanatmung des Patienten.
Die Verbesserung des pulmonalen Gasaustauschs durch eine „physiologischere Verteilung“ von Ventilation und Perfusion, die geringere Invasivität der Beatmung sowie die Abnahme des intrathorakalen Drucks, die geringere Beeinträchtigung der alveolären Perfusion und Hämodynamik und der verbesserte Sauerstofftransport sind Gründe für den Erhalt der Spontanatmung und Einsatz maschinell assistierter Spontanatmungsverfahren.
Bei intubierten Patienten sollte eine Spontanatmung ohne additive Atemhilfe (ASB) aufgrund der erhöhten Atemarbeit durch den Tubuswiderstand vermieden werden!
Diese Beatmungsform erlaubt eine Spontanatmung des Patienten, unterstützt diese zu einem gewissen Anteil und stellt einen kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck (PEEP) sicher. Sie kann im Rahmen einer nicht-invasiven Beatmung (NIV) auch bei nicht-intubierten Patienten mittels Atemmaske, aber ebenso bei intubierten oder tracheotomierten Patienten angewendet werden. Diese „Spontanatmung auf einem definierten PEEP-Niveau“ ist u.a. zur Eröffnung und zum Offenhalten verschlossener Alveolarbezirke, im Rahmen des Weanings, zum Atemtraining oder bei obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom indiziert. Weitere Indikationen sind im Rahmen der nicht-invasiven Beatmung ausführlich beschrieben.
Wirkungen | Nebenwirkungen und Komplikationen |
kontinuierlich positiver Atemwegsdruck:
| Erhöhung des intrathorakalen Drucks → hämodynamische Auswirkungen (venöser Rückstrom ↓, HZV ↓) |
Aerophagie | |
Austrocknung der Atemwege bei ungenügender Anfeuchtung der Atemluft | |
Mundtrockenheit | |
Druckstellen bei schlechtem Sitz der Maske | |
Konjunktivitis bei Atemgasleckage am Nasenrand | |
Beklemmungsgefühl, Angst, Unwohlsein |

CPAP (= Continuous Positive Airway Pressure)
Druck-Zeit-Diagramm bei CPAP.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Dieser Beatmungsmodus ist ein reiner Spontanatmungsmodus – die Atemzüge des Patienten werden durch das Beatmungsgerät durch einen zusätzlichen Flow oder durch einen zusätzlichen Atemwegsdruck unterstützt. Das Gerät wird durch die inspiratorische Anstrengung des Patienten „angetriggert“ und gewährt einen voreingestellten Unterstützungsdruck; das Ende der Inspiration bestimmt der Patient, wodurch die Atemarbeit gezielt unterstützt bzw. entlastet werden kann.
Bei Apnoe findet im ASB- oder PSV-Modus keine Ventilation statt. Bei modernen Intensivrespiratoren setzt in diesen Fällen eine programmierbare, kontrollierte „Apnoe-Beatmung“ (Sicherungsmaßnahme!) ein.
Vorteil dieses Beatmungsmodus ist, dass der Patient den Atemrhythmus, Atemzyklus und die Inspirationsdauer weitgehend selbst bestimmen kann, wodurch häufig eine bessere Synchronisation mit dem Beatmungsgerät erreicht und in diesem Zusammenhang auf eine stärkere Sedierung verzichtet werden kann. Die Atemarbeit und der Sauerstoffverbrauch der Atemmuskulatur wird durch die Druckunterstützung der spontanen Atemzüge vermindert, wodurch einer Erschöpfung („respiratory fatigue“) vorgebeugt wird.
Bei diesem Beatmungsmodus kann der Patient Atemzüge selbst triggern. Synchronisiert mit den inspiratorischen Atembemühungen des Patienten (→ spontane Atemzüge können druckunterstützt werden (→ Pressure Support Ventilation, PSV), erfolgt innerhalb eines gewissen Zeitfensters die obligatorische („Mandatory“) Beatmung (PCV oder VCV mit oder ohne PEEP). Bei Apnoe oder nicht ausreichender Spontanatmung erfolgt eine Beatmung durch das Beatmungsgerät mit einer eingestellten Mindestatemfrequenz.
Ist die intermittierend kontrollierte Beatmungsfrequenz zu hoch bzw. zu niedrig eingestellt, besteht die Gefahr der Hyperventilation (→ respiratorische Alkalose) bzw. bei nicht beachteter Abnahme der Spontanatmung die Gefahr der Hypoventilation (→ respiratorische Azidose). Zudem können zu wenig empfindlich eingestellte Triggerventile die Atemarbeit des Patienten erhöhen und zu Erschöpfung führen.

SIMV (= Synchronized Intermittent Mandatory Ventilation)
Druck-Zeit-Diagramm bei synchronisierter intermittierender mandatorischer Ventilation.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)In diesem Beatmungsmodus kann der Patient vollständig spontan atmen. Das Gerät gibt nur dann mandatorische oder assistierte Atemhübe mit dem voreingestellten Atemzugvolumen ab, wenn der Patient mit seiner Spontanatmung ein definiertes Atemminutenvolumen nicht erreicht. Entspricht die Spontanatmung dem gewählten Mindestvolumen oder wird hyperventiliert, ergibt sich praktisch eine reine Spontanatmung – bei Verwendung eines PEEP eine CPAP-Atmung, bei Spontanatmung mit Druckunterstützung eine PSV.

MMV (= Mandatory Minute Ventilation)
Druck-Zeit-Diagramm bei mandatorischer Minutenvolumenbeatmung.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Bei diesem Modus löst der spontane Atemimpuls des Patienten eine Beatmung aus, wodurch der Patient beim Atmen unterstützt wird.

IPPB (= Intermittent Positive Pressure Breathing)
Die mechanische Erweiterung der Atemwege unter IPPB kann zu einer Sekretelimination mit konsekutiver Belüftung zeitweise vom Gasaustausch ausgeschlossener Lungenabschnitte (durch das Sekret [links]) führen. Durch den Ziliartransport und/oder Hustenstoß wird der mobilisierte Schleim schließlich abtransportiert (rechts).
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Kontrollierte Beatmungsverfahren
Kontrollierte Beatmungsverfahren werden bei komplettem Ausfall der Spontanatmung (erkrankungsbedingt oder medikamentös [z.B. im Rahmen einer Sedierung]) oder bei inadäquatem Gasaustausch unter assistierter Spontanatmung eingesetzt.
Bei der kontrollierten Beatmung (CMV = Continuous Mandatory Ventilation) atmet der Patient nicht spontan; der Patient kann lediglich den Beginn der Inspiration durch Triggerung des Geräts auslösen, das Hubvolumen wird ihm anschließend jedoch „aufgezwungen“ und die Luft wird durch das Beatmungsgerät per Überdruck in die Lunge geblasen.
Aufgrund der vielfältigen Nebenwirkungen und Komplikationen sollte frühestmöglich auf eine assistierte Beatmungsform umgestiegen werden.
Dieser Beatmungsmodus wurde früher meist volumengesteuert (VCV = Volume Controlled Ventilation) durchgeführt. Dabei werden folgende Beatmungsparameter eingestellt:
Atemzugvolumen (AZV, Vt)
Beatmungsfrequenz (f)
PEEP
Inspirations-Exspirations-Verhältnis (I:E).
Bei der VCV resultieren aus den voreingestellten Beatmungsparametern (→ AZV und f) ein entsprechender Beatmungsdruck (Pinsp) und ein entsprechendes Atemminutenvolumen (AMV).
Bei der sog. volumenkontrollierten, druckregulierten Beatmung kann zudem eine Druckbegrenzung eingestellt werden, sodass der Atemwegsdruck diesen Maximalwert (Pmax) nicht überschreitet.
Die volumenkontrollierte Beatmung wird weltweit am häufigsten verwendet. Ein Beispiel für eine Beatmungseinstellung ist Teil der Anästhesie.
Bei operativen Eingriffen mit intraoperativen Veränderungen des intraabdominalen Drucks (z.B. Laparoskopien) hat die volumenkontrollierte Beatmung Vorteile, da sie unabhängig von Störeinflüssen ein relativ konstantes (vom Anästhesisten festgelegtes) Atemminutenvolumen sicherstellt.
Eine Abnahme der Compliance führt zu einem unmittelbaren Anstieg des Spitzendrucks.
Bei der volumenkontrollierten Beatmung muss unbedingt eine obere Grenze des Beatmungsdrucks (Ppeak oder Pmax ≤ 30 mmHg) festgelegt werden, bei deren Erreichen das Beatmungsgerät die Inspiration abbricht und alarmiert, um Druckschädigungen der Lunge (Barotrauma) zu vermeiden.

Kontrollierte Beatmung
Druck-Zeit-Diagramm bei kontrollierter Beatmung ohne PEEP (IPPV [oben]) und mit PEEP (CPPV [unten]).
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)
Volumenkontrollierte Beatmung (VCV)
Druck-Zeit-Diagramm bei VCV.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Bei der PCV werden folgende Beatmungsparameter eingestellt:
Das resultierende Atemzugvolumen (AZV) mit entsprechendem Atemminutenvolumen (AMV) ist v.a. von der Gesamtcompliance der Lunge und der Thoraxwand abhängig.
Auch dieses Beatmungsverfahren kann mit einer Volumenbegrenzung versehen werden, sodass eine druckkontrollierte volumenregulierte Beatmung entsteht. Aufgrund des über die Zeit geringer werdenden Gasflusses (→ dezelerierender Flow) sind die Spitzendrücke bei PCV meist etwas niedriger als bei reiner VCV.
VCV und PCV gelten hinsichtlich des Gesamtergebnisses als gleichwertige Verfahren, vorausgesetzt, dass lungenprotektive Grenzwerte eingehalten werden.
Ein Beispiel für eine Beatmungseinstellung ist Teil der Anästhesie.
Bei der druckkontrollierten Beatmung werden meist deutlich geringere Spitzendrücke (≤ 30 mmHg) erreicht, da Druckanstiege über das eingestellte Druckmaximum (Ppeak oder Pmax) vermieden werden. Eine Druckschädigung und Überdehnung der Lunge wird verhindert; daher findet diese Beatmungsform bevorzugt bei kritisch kranken Patienten (z.B. in der Intensivmedizin) Anwendung. Zudem können das kontinuierliche Druckniveau und der dezelerierende Flow von Vorteil sein bei der Eröffnung von kollabierten Alveolen.
Veränderungen der Compliance (Volumendehnbarkeit der Lunge) haben unmittelbare Auswirkungen auf das Atemzug- und damit auch auf das Atemminutenvolumen. Nimmt die Compliance zu, steigt auch das Atemzugvolumen und es besteht die Gefahr der Hyperventilation mit konsekutiver respiratorischer Alkalose (ggf. auch Gefahr der Lungenüberdehnung). Umgekehrt nimmt bei einer Abnahme der Compliance auch das Atemzugvolumen ab und es besteht die Gefahr der Hypoventilation mit konsekutiver respiratorischer Azidose.

Druckkontrollierte Beatmung (PCV)
Druck-Zeit-Diagramm bei PCV.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Sonderform: lungenprotektive Beatmung
Hohe Beatmungsdrücke und hohe Atemzugvolumina (Tidalvolumina) verursachen mechanischen Stress (→ Baro- bzw. Volutrauma). Scherkräfte zwischen unterschiedlich belüfteten Lungenarealen können über eine Entzündung mit Zytokinfreisetzung (→ Scherkräfte-Trauma und Biotrauma) und alveoläre Hämorrhagie zu beatmungsinduzierten Lungenschäden führen. Insbesondere bei schweren akuten Lungenschädigungen (z.B. ARDS, Inhalationstrauma) ist eine sog. lungenprotektive Beatmung zur Vermeidung sekundärer Lungenschäden indiziert. Diese Sonderform kennzeichnet sich durch eine druckkontrollierte Beatmung mit
möglichst niedrigen Atemzugvolumina → AZV (Tidalvolumina) von 5–7 ml/kg (ideales) Körpergewicht!
Vermeidung hoher Plateaudrücke (Pmax < 30–35 mbar)
einer individuellen Titrierung des PEEP-Niveaus (→ Ziel: Erreichen einer möglichst optimalen Compliance)
einer möglichst geringen inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FiO2) zur Vermeidung gewebetoxischer Effekte hoher Sauerstoffkonzentrationen
Zulassen erhöhter CO2-Werte (→ permissive Hyperkapnie), solange ein Serum-pH > 7,25 eingehalten wird.
Die lungenprotektive Beatmungsform ist durch niedrige Tidalvolumina und lungenprotektive Druckplateaus gekennzeichnet. Zur Aufrechterhaltung der Normokapnie ist meist eine Erhöhung der Atemfrequenz (auf 15–25/min) notwendig.
Insbesondere bei ARDS ist bewiesen, dass eine Reduktion des Atemzugvolumens von 12 ml/kg Kg auf 6 ml/kg KG die Sterblichkeit deutlich senkt.
Kombinierte Beatmungsverfahren
Das Beatmungsgerät generiert abwechselnd zwei unterschiedlich hohe PEEP-Niveaus. Bei jedem Wechsel des Druckniveaus resultiert ein neuer Atemzug bzw. Ventilation. Die Frequenz des Wechsels entspricht der Beatmungsfrequenz. Auf beiden Druckniveaus kann der Patient spontan und mit eingestellter Druckunterstützung atmen. BIPAP kann auch im Rahmen einer nicht-invasiven Beatmung über eine Maske eingesetzt werden und eignet sich insbesondere für das Weaning sehr gut, da die Spontanatmung des Patienten unterstützt und eine Mindestventilation sichergestellt wird.
BIPAP kann bei respiratorischer Insuffizienz jedes Schweregrades eingesetzt werden, da dieser Beatmungsmodus ein breites Spektrum der Atemunterstützung, von der kontrollierten bis zu reiner Spontanatmung, ermöglicht. Die Gefahr der Baro- bzw. Volumentraumatisierung soll durch die druckkontrollierte Beatmung vermindert sowie der Sedierungsbedarf durch den Erhalt der Spontanatmung reduziert werden.

BIPAP (=Biphasic Positive Airway Pressure)
Von oben nach unten: PC-BIPAP: BIPAP ohne Spontanatmung; IMV-BIPAP: BIPAP mit Spontanatmung auf dem unteren Druckniveau; GENUINER-BIPAP: BIPAP mit Spontanatmung auf beiden Druckniveaus; CPAP: vollständige Angleichung der beiden Druckniveaus.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Dieser Beatmungsmodus ähnelt dem BIPAP, mit dem Unterschied, dass die Exspiration im Vergleich zu BIPAP deutlich verkürzt ist. Die zeitliche Betonung des hohen Druckniveaus soll insbesondere die Oxygenierung verbessern. Das obere Druckniveau wird jeweils nur kurzzeitig abgesenkt, was einer IRV entspricht. Der Patient kann praktisch nur auf dem hohen Druckniveau spontan atmen.
Aufgrund der verkürzten Exspiration sollte APRV bei Patienten mit obstruktiver Ventilationsstörung vermieden werden.
Auswirkungen, Nebenwirkungen und Komplikationen der Beatmung
Die wichtigsten und häufigsten Probleme der maschinellen Beatmung sind direkte Schädigungen der Lunge (Baro-, Volu- oder Biotrauma; VALI = Ventilator Associated Lung Injury) und die Ventilator-assoziierte Pneumonie.
Bei der physiologischen Atmung entstehen minimale Druckunterschiede bzw. ein Unterdruck im Tracheobronchialsystem, die die treibende Kraft der Inspiration darstellen. Bei der maschinellen Beatmung hingegen wird die Luft per Überdruck in die Lunge gepresst.
Dieser beatmungsbedingte Anstieg des intrathorakalen Drucks bewirkt u.a. verschiedene hämodynamische Effekte:
Verminderung des venösen Rückstroms zum Herzen:
Anstieg von ZVD und rechtsventrikulärer Nachlast
Abfall von Herzzeitvolumen (günstig bei kardialem Lungenödem), rechtsventrikulärer Vorlast, arteriellem Blutdruck und Nieren- sowie Leberdurchblutung
Beeinträchtigung der Myokardkontraktilität.

Auswirkungen der maschinellen Beatmung
Durch die maschinelle Beatmung kommt es zu einer Erhöhung der rechtsventrikulären Nachlast.
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Weitere Auswirkungen der maschinellen Beatmung sind u.a.
Abnahme der Urinausscheidung und Flüssigkeitsretention
Behinderung des hirnvenösen Abflusses → Anstieg des intrakraniellen Drucks
direkte pulmonale Schädigungen: VALI = Ventilator Associated Lung Injury
Barotrauma: Lungenschädigung durch Überdruck; Kennzeichen: radiologischer Nachweis extraalveolärer Luft; klinische Manifestation: z.B. Pneumothorax, Lungen-, Mediastinal-, Perikard- oder Weichteilemphysem, bronchopleurale Fistel
Volutrauma: Lungenschädigung durch Lungenüberdehnung
Biotrauma: Lungenschädigung durch beatmungsinduzierte Freisetzung von Entzündungsmediatoren
cave: Bei längerer Beatmungsdauer sind ausgeprägte Parenchymschädigungen bis hin zu einer Lungenfibrose möglich.

Barotrauma I
Der transpulmonale Druck – das heißt die Differenz zwischen Alveolardruck und Pleuradruck – ist der entscheidende Druck für eine beatmungsassoziierte Lungenschädigung (Barotrauma).
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)
Barotrauma II
Ein Barotrauma kann sich in der Lunge auf verschiedene Arten manifestieren.
(Quelle: Roewer, Thiel, Taschenatlas Anästhesie, Thieme, 2017)
PEEP-Effekte auf die Lunge
Die Überdruckbeatmung mit PEEP führt in der Lunge u.a. zu einer reduzierten Bildung von Mikroatelektasen und zu einer Verminderung des Rechts-links-Shunts.
(Quelle: Roewer, Thiel, Taschenatlas Anästhesie, Thieme, 2017)Schädigung des Lungengewebes durch hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen (FiO2):
Dauerhaft hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen (FiO2 > 60%) über mehrere Tage wirken gewebetoxisch und verursachen eine interstitielle Fibrose im Bereich der terminalen Atemwege (wahrscheinlich durch vermehrte Bildung freier Sauerstoffradikale), weshalb die FiO2 durch eine optimierte Beatmungstechnik möglichst niedrig gehalten werden sollte.
Eine kurzzeitige Beatmung mit hoher FiO2 (1,0) – z.B. bei Notfall-Patienten oder SpO2 < 95% – ist dagegen unproblematisch.
Unabhängig von einer Toxizität können hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen (FiO2) in Lungenbezirken mit einem niedrigen Belüftungs-Durchblutungs-Quotienten zu Resorptionsatelektasen mit konsekutivem Rechts-links-Shunt führen.
Verschlechterung des pulmonalen Gasaustauschs
Atrophie der Atemhilfsmuskulatur
Schäden durch den Endotrachealtubus bzw. die Trachealkanüle.
Gastroduodenale Stressulzera (durch Stressreiz v.a. bei unzureichender Analgosedierung) → Prophylaxe mit Protonenpumpenhemmern
erhöhtes Thromboserisikos durch Immobilisation → prophylaktische Low-Dose-Heparinisierung.
Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP)
Synonyme: beatmungsgerätassoziierte Pneumonie, „Beatmungspneumonie“
Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP)
Eine nach mindestens 48 Stunden Beatmung auftretende Pneumonie ist als Ventilator-assoziierte Pneumonie zu bezeichnen.
Die ausführliche Beschreibung der Pneumonie ist Teil der Inneren Medizin.
endotracheale Intubation
maschinelle Beatmung
Alter < 1 oder > 65 Jahre
Vorerkrankungen mit Beeinträchtigung des Immunsystems
schwere COPD
pulmonale Aspiration.
Bei spontan atmenden Patienten erfolgt durch tracheale Zilien und den Hustenstoß eine effektive Elimination von Sekret und Bakterien. Während der Beatmung über einen Tubus oder eine Trachealkanüle ist dies bei bronchialer Inflammation und eingeschränktem Hustenstoß nur eingeschränkt möglich, sodass sich häufig Pneumonien entwickeln.
Ab dem 5. Beatmungstag steigt das Risiko für eine Ventilator-assoziierte Pneumonie deutlich an.
Mehr als 60% aller nosokomialen Pneumonien werden durch aerobe, gramnegative Bakterien hervorgerufen.
gram-positive Kokken: z.B. Staph. aureus
gram-negative Stäbchen: E. coli, Pseudomonas spp., Klebsiella, Enterobacteriaceae, Acinetobacter spp.
seltene Erreger: Viren, Pilze (nur bei erheblicher Immunschwäche).
Beatmungsdauer > 48 Stunden
Auskultationsbefund
radiologischer Befund: pneumonische Infiltrate
Fieber > 38,3°C
Leukozytose > 10 000/µl oder Leukopenie < 4000/µl
Trachealsekret: eitrig, positiver mikrobiologischer Befund.
Bei begründetem Verdacht auf eine VAP sollte sofort eine hochdosierte Antibiotikatherapie eingeleitet werden. Nach S3-Leitlinie der AWMF wird
bei Patienten ohne erhöhtes Risiko für Infektionen mit multiresistenten Keimen (MRE) eine Kombinationstherapie z.B. mit einem Cephalosporin der Gruppe 3a oder mit Aminopenicillinen/ß-Laktamase-Inhibitoren,
bei Patienten mit erhöhtem Risiko für Infektionen mit multiresistenten Keimen (MRE) z.B. mit
Piperacillin/ Tazobactam oder pseudomonaswirksamen Carbapenemen,
anfangs in Kombination mit Aminoglykosid oder einem pseudomonaswirksamen Fluorchinolon empfohlen.
Zur Vermeidung von VAPs müssen regelmäßig präventive Maßnahmen ergriffen werden: z.B.
Händehygiene
adäquate Bronchialtoilette: u.a. Physiotherapie, Inhalationstherapie, medikamentöse Sekretolyse, endotracheale Absaugung
ausreichende Blockung des Tubuscuffs
konsequente Verwendung von HME-Filtern.
Weaning und Extubation
Definitionen
Weaning
Als Weaning bezeichnet man die Entwöhnung vom Respirator nach (lang andauernder) maschineller Beatmung.
Rapid Shallow Breathing Index (RSBI)
Der Rapid Shallow Breathing Index (RSBI) dient der Beurteilung der respiratorischen Funktion und Bewertung der Spontanatmung eines Patienten, der nach längerer Beatmungsdauer vom Beatmungsgerät entwöhnt werden soll (Weaning). Bei einem RSBI > 120 ist eine Extubation nicht sinnvoll. Der RSBI wird folgendermaßen berechnet: RSBI = AF/AZV (in Liter) → Sollwert < 105.
Grundlagen
Fast die Hälfte der Beatmungsdauer bei Intensivpatienten entfällt auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät. Bei allen beatmeten Patienten muss täglich geprüft werden, ob eine Entwöhnung (sog. Weaning) bzw. Trennung vom Beatmungsgerät möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auf eine angepasste Analgosedierung (→ Sedierungspause zur Durchführung des Spontanatmungsversuchs!) geachtet und der Einsatz langwirksamer Substanzen vermieden werden.
Voraussetzungen für die Durchführung eines Spontanatmungsversuchs sind
ein wacher Patient
ein Oxygenierungsindex (paO2/FiO2; Horowitz-Index) > 200
PEEP ≤ 5 mbar
ein kräftiger Hustenstoß während des Absaugens
eine moderate Sekretproduktion
keine/niedrig dosierte Vasopressoren (Katecholamintherapie).
Die Durchführung des 30-minütigen Spontanatmungsversuchs kann entweder als komplette Trennung des Patienten vom Beatmungsgerät („T-Stück-Versuch“) oder im CPAP-Modus mit minimaler inspiratorischer Druckunterstützung erfolgen.
Während des Spontanatmungsversuchs erfolgt eine engmaschige klinische Überwachung des Patienten durch das zuständige ärztliche und pflegerische Personal, das bei Erfolg (→ adäquater RSBI, zufriedenstellender Gesamtzustand des Patienten, zufriedenstellende BGA, kein Einsatz der Atemhilfsmuskulatur) die Extubation in die Wege leiten kann.
Bei Tachypnoe (> 35/min), SpO2 < 90%, Tachykardie > 140/min, Blutdruckveränderungen (RRsyst > 180 mmHg oder < 90 mmHg), Agitiertheit und Schaukelatmung muss der Spontanatmungsversuch abgebrochen werden.
Fortführen der maschinellen Beatmung
Ursachenanalyse
Optimierung der Bedingungen
Durchführung eines erneuten Spontanatmungsversuchs frühestens nach 6 h!
Bei wiederholt frustranen Spontanatmungsversuchen (z.B. COPD, CIP) kann ein Training der Atemmuskulatur hilfreich sein:
mehrfach täglich, kurze Spontanatmungsversuche
Entlastung der Atemmuskulatur durch individuell adaptierte kontrollierte Beatmung
schrittweise Verlängerung der Intervalle nach Protokoll
nachts vollständig maschinelle Beatmung
Übergang zur maschinellen Beatmung bereits bei ersten Anzeichen der ventilatorischen Erschöpfung
Vermeidung zusätzlicher Atemwegswiderstände (z.B. HME-Filter)
Vermeidung zusätzlichen Totraums (z.B. „Gänsegurgeln“ am Tubus)
Verwendung großlumiger Endotrachealtuben
Sekretmobilisation und Physiotherapie.
Bei Patienten, die nicht vom Beatmungsgerät entwöhnbar sind, kann die frühzeitige Extubation und anschließende nicht-invasive Beatmung erfolgreich bzw. zielführend sein.
Problematik
Bei Patienten, die über einen längeren Zeitraum maschinell beatmet wurden, entwickelt sich eine Atrophie der Atemmuskulatur, die mit zunehmender Beatmungsdauer zunimmt. Aus diesem Grund ist eine erfolgreiche Trennung vom Beatmungsgerät häufig erst nach langsamem Abtrainieren der maschinellen Unterstützung (→ Weaning) möglich.
Durchführung
Im ersten Schritt des Weanings wird die kontrollierte Beatmung auf eine assistierte Beatmungsform umgestellt, die der Patient für ein definiertes Zeitintervall mehrfach am Tag absolvieren soll. Diese Zeitintervalle werden bei erfolgreichem Absolvieren (→ keine ventilatorische Erschöpfung) der jeweiligen „Stufe“ täglich verlängert, bis der Patient kontinuierlich in einem assistierten Beatmungsmodus atmet. Kommt es auch unter kontinuierlicher assistierter Beatmung nicht zu einer ventilatorischen Erschöpfung und sind zudem die Extubationskriterien erfüllt, kann die Extubation und Trennung vom Beatmungsgerät erfolgen.
Um ein Weaningversagen zu verhindern, sollten die Rahmenbedingungen (z.B. ausreichende Ernährung und ausreichender Phosphatspiegel) vor Beginn des Weanings optimiert werden.
Weaningprotokolle
Ein standardisiertes Vorgehen mit festgelegten Stufenschemata kann den Erfolg des Weanings deutlich erhöhen. Heutzutage stehen zudem automatische Weaning-Protokolle in modernen Intensivrespiratoren zur Verfügung.

Weaning-Protokoll
Stufenweiser Ablauf eines Weaning-Protokolls (f: Atemfrequenz/min; FiO2: inspiratorische Sauerstoffkonzentration; paO2: arterieller Sauerstoffpartialdruck; PEEP: positiver endexspiratorischer Druck; RRSyst: systolischer Blutdruck; SaO2: arterielle Sauerstoffsättigung; SBT: Spontanatmungstest; VE: exspiratorisches Atemminutenvolumen; VT: Titaldvolumen).
(Quelle: Van Aken, Reinhart, Welte et al., Intensivmedizin, Thieme, 2014)Extubationskriterien und Extubation
Die ausführliche Beschreibung der Extubationskriterien und die Durchführung, die Besonderheiten der Narkoseausleitung bzw. Extubation bei der TIVA, bei balancierter Anästhesie sowie bei aspirationsgefährdeten Patienten ist Teil der Anästhesie.
Bei Verdacht auf eine Atemwegsverlegung durch bronchiale Hypersekretion empfiehlt es sich, nicht nur oropharyngeal, sondern zusätzlich auch endotracheal abzusaugen.
Wird eine Re-Intubation notwendig, erhöht dies die gesamte Beatmungsdauer, die Liegedauer auf der Intensivstation und die Mortalität des Patienten!
Tracheotomie
Die ausführliche Beschreibung der Tracheotomie findest du in der Chirurgie. Dort werden Indikationen, Methoden (konventionelle plastische Tracheotomie vs. perkutane Dilatationstracheotomie ), Vor- und Nachteile sowie Komplikationen der Tracheotomie beschrieben. Die Koniotomie als Ultima Ratio in der Notfallsituation „cannot ventilate, cannot intubate“ ist Teil der Notfallmedizin.
Extrakorporale Gasaustauschverfahren
Extrakorporale Organersatzverfahren, wie z.B. ECMO (Extracorporal Membrane Oxygenation), sind die Ultima Ratio bei schwersten Lungenschädigungen und werden aktuell zur Unterstützung der Lunge, aber auch des Herzens bzw. von Herz und Lunge eingesetzt.
Bei schwerem hypoxämischem ARDS und Versagen einer adäquaten Standardtherapie ist eine klare Indikationsstellung für eine ECMO-Therapie bei entsprechend vorhandenem Therapieziel gegeben.
Der Begriff ECMO ist als venovenöser Support bei Lungenversagen definiert. Im Prinzip funktioniert diese Methode folgendermaßen: Blut wird über großlumige Gefäßzugänge aus der V. cava inferior entnommen, durch extrakorporale Mikromembranen geleitet, wo CO2 gegen O2 ausgetauscht wird, und gelangt danach wieder zurück über die V. cava inferior oder superior in den rechten Vorhof. Die Kanülen, Membranoxygenatoren und das Schlauchsystem sind in der Regel heparinbeschichtet. Gleichzeitig kann die maschinelle Beatmung maximal lungenprotektiv durchgeführt werden (→ niedriges Tidalvolumen, niedriges inspiratorisches Druckniveau, hoher PEEP), um weitere pulmonale Schädigungen zu vermeiden.

Extrakorporaler Gasaustausch (ECMO)
Funktionsprinzip der venovenösen ECMO („pulmonale ECMO").
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2017)Supraglottische Jet-Ventilation
Die Jet-Ventilation ermöglicht eine Beatmung allgemeinanästhesierter Patienten ohne Endotrachealtubus und wird v.a. in der Anästhesie im Rahmen von kurzzeitigen diagnostischen und operativen Eingriffen in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde eingesetzt.
Mithilfe eines speziellen Jet-Ventilators wird unter hohem Druck stehendes Gas über einen sog. Jet-Katheter in die Trachea geleitet, wobei die Öffnung dieses speziellen Katheters supraglottisch liegt. Da das Gas an der Austrittsstelle einen Sog erzeugt, wird zusätzlich Umgebungsluft „mitgezogen“ (sog. Venturi-Effekt, Entrainment), sodass auch bei Verwendung von reinem Sauerstoff als Injektionsgas die FiO2 immer kleiner als 1,0 bleibt. Allerdings stellt die Oxygenierung für gewöhnlich kein Problem dar, teilweise jedoch die CO2-Elimination.
Bei der Hochfrequenzbeatmung wird die Beatmungsfrequenz in Hertz [Hz] angegeben: 1 Hz = 1 Schwingung/Sekunde. Atemwegsdrücke und inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen können bei diesem Verfahren nicht sicher überwacht werden. Anhand der Thoraxbewegungen erfolgt eine Anpassung des Arbeitsdrucks (in der Regel ca. 1,5 bar), mittels Pulsoxymetrie und transkutaner CO2-Messung ein Monitoring der Oxygenierung sowie eine Abschätzung der CO2-Elimination.

High Frequency Positive Pressure Ventilation (HFPPV)
Funktionsprinzip der HFPPV: Es handelt sich um eine Überdruckbeatmung mit Beatmungsfrequenzen von 60–120/min (= 1–2 Hz).
(Quelle: Oczenski, Atmen – Atemhilfen, Thieme, 2012)Bei dieser Beatmungsform können erheblich hohe Atemwegsdrücke entstehen, weshalb zur Vermeidung eines Barotraumas der Lunge (cave: Pneumothorax!) auf eine exakte Ausrichtung des Jet-Katheters in der zentralen Längsachse der Trachea sowie auf die Gewährleistung einer ungehinderten Exspiration (→ vollständig geöffnete Stimmritze) zu achten ist. Mit zunehmender Beatmungsfrequenz sollte zudem berücksichtigt werden, dass sich aufgrund der unvollständigen Exspiration ein sog. intrinsischer PEEP entwickeln kann.
Bei der Jet-Ventilation besteht bei Regurgitation von Mageninhalt kein Aspirationsschutz! Zudem besteht die Möglichkeit, dass Blut oder tumorhaltiges Material in die tieferen Atemwege verschleppt wird.
Zu einer relevanten Austrocknung des respiratorischen Epithels kommt es erst bei längerer Anwendung dieser Beatmungsform.
Stenose der oberen Atemwege > 80–90% (→ inspiratorischer Stridor)
Blutungen im Bereich der oberen Atemwege
mittel- bis hochgradige COPD
einseitige Lungenerkrankung
Adipositas per magna
erhebliche Einschränkung der Lungenfunktion.
Leitlinien und weiterführende Informationen
Leitlinie: Nichtinvasive Beatmung als Therapie der akuten respiratorischen Insuffizienz - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Leitlinie: Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz - Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)
Leitlinie: Nicht-invasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Leitlinie: Extrakorporale Zirkulation (ECLS/ECMO), Einsatz bei Herz- und Kreislaufversagen - Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG)
Leitlinie: Prolongiertes Weaning - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Formel-Rechner:
Bei der Lungenfibrose besteht eine verstärkte Bildung von Bindegewebe zwischen den Alveolen und den diese umgebenden Blutgefäßen. Eine Lungenfibrose entsteht entweder idiopathisch oder auf dem Boden interstitieller Lungenerkrankungen. Auch eine allergische Genese ist möglich. Durch die Fibrose versteift die Lunge, wodurch die Compliance abnimmt. Die Atmung wird hierdurch angestrengter. Durch die bindegewebigen Vernarbungen wird der Sauerstoffaustausch gestört, was fortschreitend zu einer Hypoxie führt.
Der Pneumothorax ist eine Luftansammlung im Pleuraraum zwischen Pleura visceralis und Pleura parietalis.
Unter intrazerebralen Blutungen werden intrakranielle Blutungen zusammengefasst, die ihren Ursprung in den das Hirnparenchym oder das Ependym versorgenden Gefäßen haben (im Gegensatz zu z.B. Subarachnoidalblutungen, deren Blutungsquelle im Subarachnoidalraum liegt).
Der Begriff COPD ist ein Sammelbegriff für chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen, die mit folgenden Kardinalsymptomen einhergehen:
-
Husten,
-
Auswurf und
-
Atemnot.
Der COPD liegt eine progredient verlaufende, nicht vollständig reversible Obstruktion zugrunde. Sie entwickelt sich aus einer chronischen Bronchitis und/oder einem Lungenemphysem.
Eine Adipositas besteht, wenn der Body-Mass-Index (BMI) einen Wert von 30 überschreitet.
Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung mit belastungsabhängiger Skelettmuskelschwäche durch eine Autoantikörper-bedingte Blockierung und Zerstörung postsynaptischer nikotinerger Acetylcholinrezeptoren der neuromuskulären Endplatte.
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine akute erworbene demyelinisierende Polyradikulitis als Folge einer Autoantikörperbildung gegen Myelinproteine vorwiegend motorischer Nerven, wodurch es zu aufsteigenden Paresen unterschiedlichen Ausmaßes bis hin zu einer Tetraparese und Atemlähmung kommen kann.
Bei einer Aspiration handelt es sich um das Eindringen von flüssigen (z.B. Magensäure, Erbrochenes) oder festen (z.B. Fremdkörper) Stoffen in die Atemwege infolge fehlender Schutzmechanismen.
Bei einer Sepsis kommt es infolge einer inadäquaten, fehlregulierten Körperantwort auf eine Infektion zu einer lebensbedrohlichen Organdysfunktion, welche durch eine Zunahme um ≥ 2 Punkte im Sequential-Organ-Failure-Assessment (SOFA)-Score gekennzeichnet ist (Sepsis-3-Kriterien).
Als Schock bezeichnet man ein akutes bis subakutes, fortschreitendes, generalisiertes Kreislaufversagen mit konsekutivem Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf auf Zellebene und lebensbedrohlicher Gefährdung der Vitalfunktionen.
Der Rapid Shallow Breathing Index (RSBI) dient der Beurteilung der respiratorischen Funktion und Bewertung der Spontanatmung eines Patienten, der nach längerer Beatmungsdauer vom Beatmungsgerät entwöhnt werden soll (Weaning). Bei einem RSBI > 120 ist eine Extubation nicht sinnvoll. Der RSBI wird folgendermaßen berechnet: RSBI = AF/AZV (in Liter) → Sollwert < 105.