Arterielle Blutgasanalyse (BGA)
Die Blutgasanalyse ist bei Störungen der Lungen- und Herzfunktion sowie Einschränkungen der Nierenfunktion und Stoffwechselerkrankungen indiziert. In der klinischen Notfallmedizin gehört die BGA zur Routine-Diagnostik (z.B. bei Verdacht auf eine Hypoxie). Im Rahmen einer außerklinischen Notfallsituation hingegen ist eine arterielle BGA eher nicht durchführbar, da die dafür notwendigen Analysegeräte in der Regel nicht transportabel sind. Im klinischen Bereich wird die BGA auch zum Monitoring schwerkranker Patienten (z.B. zur Überwachung einer maschinellen Beatmung) eingesetzt. Blutgasanalysen werden in diesem Falle sehr engmaschig durchgeführt (z.B. alle 3–6 Stunden). Sie dienen der Überwachung einer suffizienten Oxygenierung und Ventilation, des Säure-Basen-Haushalts und der Elektrolyte.
Für das Verständnis der Blutgasanalyse spielen folgende Begriffe eine zentrale Rolle:
Alkalose: Erhöhung des pH-Wertes
Azidose: Erniedrigung des pH-Wertes
Hyperkapnie: Erhöhung des PaCO2
Hypokapnie: Erniedrigung des PaCO2
Hyperoxie: Erhöhung des PaO2
Hypoxie: Erniedrigung des PaO2.
Die Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid werden idealerweise aus arteriellem Blut bestimmt.

Blutgasanalyse
Abgebildet sind ein modernes Blutgasanalysegerät sowie die Ergebnisse der Blutgasanalyse bei schwerer metabolischer Laktatazidose und begleitender Hyperkapnie nach bereits erfolgter Gabe von Natriumhydrogencarbonat.
(Quelle: Wetsch, Hinkelbein, Spöhr, Kurzlehrbuch Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Thieme, 2018)Vorgehen
Arterielles Blut gewinnt man durch Punktion der Arteria radialis oder durch Punktion eines hyperämisierten Ohrläppchens (kapillär). Die arterielle, heparinisierte Blutprobe (ca. 1 ml) sollte sofort nach der Entnahme analysiert werden, da sich die Messwerte sonst deutlich verfälschen.
Im Analysegerät werden folgende Werte bestimmt:
Durch Berechnung erhält man weitere Werte:
Mit ihrer Hilfe lassen sich Störungen des Säure-Basen-Haushalts erkennen und akute von chronischen Veränderungen unterscheiden.
In Abhängigkeit vom Gerät erfolgt außerdem die Messung der Konzentration von Hämoglobin (Hb), dessen Derivaten (z.B. HbO2, Met-Hb, CO-Hb) sowie von Elektrolyten (z.B. Na+, K+, Cl-) und Blutzucker.
Aus praktischen Gründen erfolgt die BGA routinemäßig aus Kapillarblut (zumeist aus dem hyperämisierten Ohrläppchen), da Kapillarblut sehr ähnliche Eigenschaften wie arterielles Blut aufweist, aber leichter zugänglich ist.
Befunde
Die Normalwerte findest du hier tabellarisch zusammengefasst. Sie werden in der Prüfung gerne abgefragt. Störungen des Säure-Basen-Haushalts werden ausführlich in der Inneren Medizin beschrieben.
Parameter | Normalwerte | Besonderheiten |
7,38–7,45 | pH↑ Alkalose pH↓ Azidose | |
75–97 mmHg bzw. 10–12,9 kPa (abhängig vom Lebensalter) | paO2 < 60 mmHg (ca. 8 kPa) = Hypoxämie | |
Sauerstoffsättigung (SaO2) | 90–97 % | < 90 % = Hypoxie |
35–45 mmHg bzw. 4,6–6,0 kPa | paCO2 > 45 mmHg (ca. 6 kPa) = Hyperkapnie paCO2 < 35 mmHg (ca. 4,7 kPa) = Hypokapnie. | |
HCO3(act) (aktuelles Bikarbonat) | 21–26 mmol/l | |
23–27 mmol/l | Standardbikarbonat und Basenabweichung sind die beiden wichtigsten Parameter zur Feststellung metabolischer Störungen! | |
–2 bis +3 mmol/l |
In der Medizin werden Drücke in der Regel in mmHg (Millimeter Quecksilbersäule angegeben). Die Umrechnung von Drücken in kPa ist Teil der Physik in der Vorklinik.
Folgende Aspekte sind zu beachten:
Die Werte für den O2-Partialdruck (paO2) sind stark altersabhängig (um 95 mmHg bei jüngeren und um 75 mmHg bei älteren Menschen), der CO2-Partialdruck (paCO2) ist jedoch vom Alter unabhängig.
Bei Ruheatmung von normaler Raumluft liegt die O2-Sättigung des arteriellen Blutes normalerweise bei 90−97 %. Die Normwerte hierzu variieren in der Literatur stark. Im venösen Blut der Aa. pulmonales und des rechten Herzens liegt die Sättigung unter Ruhebedingungen bei rund 75 %.
Für die Interpretation der Blutgasanalyse lohnt sich eine Wiederholung der Grundlagen. Wirf dafür am besten einen Blick in die Physiologie.
Pulsoxymetrie
Bei der Pulsoxymetrie handelt es sich um eine nichtinvasive Methode zur Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung. Die Sauerstoffsättigung korreliert dabei meist gut mit dem Sauerstoffpartialdruck des Blutes. Das Hämoglobin verändert sein Absorptionsverhalten für Licht in Abhängigkeit von seiner Sauerstoffsättigung. Die Absorption wird mit tiefrotem und infrarotem Licht gemessen. Dadurch, dass die Intensität der Lichtfraktionen an der Lichtquelle bekannt ist, kann nach der Gewebepassage indirekt das Verhältnis von oxygeniertem zu nicht-oxygeniertem Hämoglobin bestimmt werden. Beim gesunden, jüngeren Menschen erwartet man Sättigungswerte von ca. 95–99 %. Eine 100 %ige Oxygenierung kann unter normalen Bedingungen nicht erzielt werden, da immer ein minimales Shuntvolumen der Lunge vorliegt.
Labordiagnostik
Im Folgenden sind gängige Laborparameter aus der Pneumologie zusammengefasst.
Parameter | Bestimmung bei Verdacht auf |
unspezifische Entzündung | |
bakterielle Infektion | |
Angiotensin converting enzyme (ACE) | |
α1-Antitrypsin-Mangel | |
IgE (gesamt und spezifisch) | allergisches Asthma bronchiale |
| Lungenbeteiligung i. R. rheumatischer Erkrankungen: |
| Lungentumor: |
Entzündungsparameter
Entzündliche Prozesse erkennt man häufig an:
einer Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG > 5/10 mm),
einem Anstieg des C-reaktiven Proteins (CRP > 0,5 mg/dl) oder des Procalcitonins (PCT > 0,5 ng/ml) und
Antikörper, Autoantikörper und Tumormarker
Humorale Immundefekte sind zu erkennen an niedrigen Serumspiegeln von:
IgA (< 70 mg/dl),
IgG (< 700 mg/dl) und/oder
IgM (< 40 mg/dl).
Immunologische Laborbefunde
Ein selektiver IgA-Mangel kann Ursache rezidivierender Infekte sein.
Bei der exogen allergischen Alveolitis
findet man präzipitierende IgG- und IgM-Antikörper im Serum.Bei Kollagenosen sind Autoantikörper wie ANA und ENA nachweisbar.
ANCA und Basalmembran-Antikörper wie beim Goodpasture-Syndrom können bei einer Lungenblutung diagnostisch wegweisend sein.
Eine Erhöhung des angiotensin converting enzyme (ACE) im Serum findet man häufig bei Sarkoidosen.
Tumormarker (z.B. CEA, NSE, CYFRA 21–1) dienen der Verlaufsbeobachtung, nicht der Diagnose.
Die exogen allergische Alveolitis ist eine Allergie gegen alveolengängige, organische Stäube und (selten) Chemikalien. Die Inhalation der Antigene führt über eine kombinierte Immunreaktion vom Typ III (Immunkomplexe) und Typ IV (T-Zell-vermittelt) zu einer Schädigung der Lunge.
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch-entzündliche, autoimmune Systemerkrankung, die ausgehend von einer destruierenden Synovialitis zu einer progredienten Zerstörung des Gelenks führt und mit extraartikulären Manifestationen einhergehen kann.
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche, schubweise verlaufende Systemerkrankung, die durch das Auftreten charakteristischer Autoantikörper sowie die Bildung von Immunkomplexen gekennzeichnet ist.
Die Granulomatose mit Polyangiitis ist eine granulomatöse, nekrotisierende Entzündung kleiner und mittelgroßer Gefäße unter Beteiligung des oberen Respirationstrakts und der Nieren mit chronisch-progredientem Verlauf. Sie ist durch den Nachweis zytoplasmatischer antineutrophiler Antikörper (cANCA) gekennzeichnet.
Das Bronchialkarzinom ist ein häufiger maligner Tumor, der meist vom Bronchialepithel, seltener vom Alveolarepithel, ausgeht.
Bei einer Leukozytose handelt es sich um eine Erhöhung der Leukozyten im peripheren Blut auf > 10 000/µl.