Schall und Hören
Schall und Hören sind für uns sehr gebräuchliche Begriffe. Wenn man allerdings die Physik und die Physiologie von Schall und Schallwahrnehmung genauer untersucht, dann werden die Details gelegentlich etwas kompliziert. Das liegt an der logarithmischen Schallwahrnehmung: Erhöht sich z.B. die Lautstärke um 10 Einheiten, nimmt man erst eine Verdopplung der Lautstärke wahr (eine Erhöhung von 10 dB auf 20 dB wird ebenso als Verdopplung wahrgenommen wie eine Erhöhung von 80 dB auf 90 dB). Deshalb folgen hier einige Definitionen und Rechenbeispiele.
Schallwellen in Luft sind longitudinale Kompressionswellen, in denen Luftmoleküle periodisch verdichtet und entspannt werden. Schall wird von allen Gegenständen erzeugt, die Luftmoleküle mit einer bestimmten Frequenz in Schwingungen versetzen. Das sind z.B. Musikinstrumente mit schwingenden Saiten, Membranen, Luftsäulen oder der Kehlkopf.

Schallwelle als longitudinale Kompressionswelle
(Quelle: Zabel, Kurzlehrbuch Physik, Thieme, 2016)Einige Fakten
Infraschall sind Schallwellen mit einer Frequenz kleiner als 20 Hz.
Ultraschall sind Schallwellen mit Frequenzen größer als 20 kHz.
Die Schallgeschwindigkeit beträgt in trockener Luft bei 20°C ca. 343 m/s, d.h. ca. 1 km in 3 s.
In Wasser beträgt die Schallgeschwindigkeit 1500 m/s, in Knochen ca. 3500 m/s.
Im menschlichen Hörbereich zeigen Schallwellen in Luft nahezu keine Dispersion, d.h. die Schallwellen hoher Töne haben nahezu die gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeit wie die Schallwellen tiefer Töne.
Die Wellenlänge des Schalls hängt vom Medium ab, in dem er sich ausbreitet, denn die Wellenlänge bei fester Frequenz hängt nur von der Schallgeschwindigkeit ab: . Das heißt, bei gleicher Frequenz ist die Schallwelle in Wasser fünfmal länger als in Luft, da im Wasser die Schallgeschwindigkeit fünfmal größer ist als in Luft. Beispiel: eine Schallwelle mit der Frequenz von 1 kHz hat in Luft die Wellenlänge 0,33 m, in Wasser dagegen 1,5 m.
Die Frequenz einer Schallwelle ist vom Medium unabhängig. Sie bleibt beim Übertritt von einem Medium in ein anderes konstant.
Tonhöhe und Frequenz
Die Tonhöhe wird durch die Frequenz des Schalls bestimmt, nicht durch seine Wellenlänge. In Luft und in Wasser nimmt man die gleiche Tonhöhe wahr, obwohl die Wellenlängen bei gleicher Frequenz sehr unterschiedlich sind. Je höher die Frequenz, desto höher ist auch der Ton. Der Kammerton a’ ist auf die Frequenz von 440 Hz festgelegt.
Ton, Klang und Geräusch
Die einfachste Schallform ist der Ton. Es handelt sich um eine Sinusschwingung (Welle) einer einzigen Frequenz. Im Klang sind mehrere Frequenzen vorhanden, nämlich ein Grundton und wenige weitere Frequenzen, die als „harmonisch“ oder konsonant empfunden werden. Im Geräusch gibt es dagegen ein breites Band aus überlagerten Frequenzen, was oft als dissonant empfunden wird.
Eigenschaften des Schalls
Man unterscheidet zwischen physikalisch messbarer Schallstärke und subjektiv wahrgenommener Lautstärke. Der physikalisch messbare Schall hat folgende Eigenschaften:
Schalldruck
Der Schalldruck (auch Schallwechseldruck genannt) ist die mathematische Beschreibung der Schallausbreitung durch eine harmonische laufende Welle, mit Schalldruckamplitude .
Sie ist die Amplitude des Schalldrucks. Sie bestimmt die Energie der Welle und somit auch den Schalldruck (Einheit Pascal [Pa]), also den Druck, den die Welle auf ein Hindernis ausübt. Aus ihr kann die maximale Teilchenauslenkung in der Schallwelle berechnet werden, die von hundertstel Nanometern bis zu Mikrometern reicht.
Der vom Ohr wahrnehmbare Schalldruck erstreckt sich über einen sehr großen Druckbereich. Da aber die Hörwahrnehmung nicht auf dem absoluten Druck sondern auf der relativen Druckänderung basiert, wird der Schalldruck durch Bildung einer logarithmischen Verhältniszahl ausgedrückt. Diese Zahl wird Schalldruckpegel genannt, wobei das Wort „Pegel“ für Verhältnis steht. Zunächst nimmt man das Verhältnis aus dem Quadrat des effektiven Schalldrucks zum Quadrat des Bezugswerts , der der Hörschwelle entspricht, und bildet aus dem Quotienten den dekadischen Logarithmus, d.h. den Logarithmus zur Basis 10:
Obwohl das logarithmische Verhältnis keine Einheit hat, gibt man die Verhältnisgröße in Bel SPL (SPL = sound pressure level) an und behandelt diese wie eine Einheit. Um besser handhabbare Zahlen zu erhalten, wird das Ergebnis mit 10 multipliziert:
Somit ist die Einheit Dezibel, d.h. 1/10 Bel (abgekürzt dB). Die Angabe SPL wird manchmal auch weggelassen, ist aber hier für die Unterscheidung zwischen dem Schalldruckpegel, der in dB SPL angegeben wird, und dem Schallintensitätspegel, der nur in dB angegeben wird, wichtig.
Eine 10-fache Erhöhung des Schalldrucks entspricht also einer Erhöhung des Schalldruckpegels um 20 dB SPL, eine 100-fache Erhöhung einer um 40 dB SPL, usw. Eine Verdoppelung des Schalldrucks entspräche einem um 6 dB SPL höheren Schalldruckpegel.
Als Bezugswert nimmt man die Hörgrenze. Das ist der niedrigste vom Menschen noch wahrnehmbare Schalldruck = 2 · 10−5 Pa. Dieser Wert (2 Fünfmilliardstel des normalen Luftdrucks) ist unvorstellbar klein und macht deutlich, dass das Ohr das empfindlichste Sinnesorgan des Menschen ist. Wäre das Ohr für noch geringere Reize empfindlich, würde man die Wärmebewegung der Luftmoleküle (Brown'sche Molekularbewegung) als Rauschen wahrnehmen können.
Schalldruckpegel
Sollte eine Aufgabe zum Schalldruckpegel im Physikum vorkommen, kannst du diese auch ohne großes Mathetalent lösen: Verzehnfacht sich der Schalldruck , so steigt der Schalldruckpegel um 20 dB SPL:
Das reicht fürs Physikum vollkommen aus.
Schallintensität
Die Schallintensität wird auch Schallstärke genannt. Sie ist proportional zum Quadrat der Druckamplitude:
wobei der effektive Schalldruck ist (quadratischer Mittelwert der Schalldruckamplitude). Die Proportionalitätskonstante schreibt man hier , sodass
heißt Impedanz, mit der Einheit [] = Ns m–3= Pa s/m.
Wie jede Intensität hat die Schallintensität die Dimension Leistung pro Fläche. Sie gibt die mit dem Schall transportierte Leistung pro Fläche an.
Der Schallintensitätspegel ist wie der Schalldruckpegel eine relative Größe und wird ganz analog berechnet: Zunächst nimmt man das Verhältnis der Schallintensität zu einem Bezugswert und bildet aus dem Quotienten den dekadischen Logarithmus, d.h. den Logarithmus zur Basis 10. Das Ergebnis wird mit 10 multipliziert (wieder wegen der besseren Handhabbarkeit der Zahlen):
Als Bezugswert wird = 10–12 W/m2 festgelegt. Dies ist die geringste Intensität, die das menschliche Ohr noch wahrnehmen kann und entspricht (wie oben beim Schalldruckpegel) der Hörgrenze. Die Definition des Schallintensitätspegels als logarithmische Größe wird der logarithmischen Wahrnehmung des Schalls gerecht (Weber-Fechner-Gesetz). Auch hier gibt man die Verhältnisgröße in Bel bzw. Dezibel an (allerdings ohne den Zusatz SPL).
Beispiel: Die Schallintensität = 10–4 W/m2 erzeugt einen Schallintensitätspegel von:
(Watt/m2) | Quotient | dB | |
Schmerzgrenze | 1 | 10 · log 1/10–12 | 120 |
normaler Hörbereich | 10–2 | 10 · log 10–2/10–12 | 100 |
10–10 | 10 · log 10–10/10–12 | 20 | |
Hörgrenze | 10–12 | 10 · log 10–12/10–12 | 0 |
Aus dem quadratischen Abstandsgesetz folgt, dass bei doppeltem Abstand von der Quelle die Schallintensität um das Vierfache sinkt. Die Schallintensität nimmt nicht nur durch Abstandsvergrößerung von der Quelle ab. Schall wird auch vom schallleitenden Medium selbst absorbiert, d.h. die Amplitude nimmt exponentiell ab und die Schallenergie wird in andere Energieformen (Wärmeenergie) umgewandelt.
Verschiedene Benennungen
Achtung: In den IMPP-Aufgaben im Physikum wird der Schallintensitätspegel als Schallpegelmaß bezeichnet!
Schalldruckpegel und Schallintensitätspegel
Die beiden Formeln für den Schalldruckpegel und den Schallintensitätspegel
sind wichtig! Man sollte sie nicht verwechseln. Wenn einem das passiert, kann man beim Ergebnis einer Aufgabe gleich um den Faktor 100 oder mehr danebenliegen (siehe dazu auch die Rechenbeispiele).
Lautstärke
Die Lautstärke ist durch die Schalldruckamplitude festgelegt. Druckamplituden von 10–5 Pa können gerade noch wahrgenommen werden (Hörgrenze), Druckamplituden von 20 Pa werden als schmerzhaft empfunden. Um ein Gefühl für die Druckamplituden in Schallwellen zu gewinnen, sollte man diese ins Verhältnis zum Normaldruck von 105 Pa setzen. Die Hörgrenze liegt also bei 10–10 des Normaldrucks, die Schmerzgrenze bei 2 · 10–4 des Normaldrucks.
Die physiologische Empfindung von Lautstärke ist abhängig von der Frequenz des Schalldruckereignisses. Zwei gleiche Schalldruckpegel mit unterschiedlicher Frequenz werden nicht gleich laut wahrgenommen. Sie haben verschiedene Lautstärkepegel . Der Lautstärkepegel wird ebenfalls auf einer logarithmischen Skala angegeben. Die Einheit der Lautstärke ist das Phon. Die Phonskala erstreckt sich über 12 Dekaden entsprechend der Empfindlichkeit des Ohrs von 0 Phon ( = 10–12 W/m2, Hörgrenze) bis 120 Phon ( = 1 W/m2, Schmerzgrenze).
Das Phon besitzt keine physikalische Herleitung, es wurde schlicht definiert: 1 Phon entspricht 1 dB SPL für Töne der Frequenz 1000 Hz. Bei dieser Frequenz stimmen Dezibel- und Phon-Skala überein, d.h., ein Schalldruckpegel von 20 dB entspricht einer subjektiven Lautstärke von 20 Phon. Andere Töne mit gleichem Schalldruckpegel werden subjektiv als leiser oder lauter empfunden.
Trägt man verschiedene Kombinationen aus Frequenz und Schalldruckpegel, die das gleiche Lautstärkeempfinden hervorrufen, in einen Graphen ein, erhält man eine Kurve, die als Isophone bezeichnet wird. Alle Töne auf einer solchen Isophone werden also als gleich laut wahrgenommen, obwohl sie unterschiedliche Schalldruckpegel besitzen. Auf der untersten Isophone liegen die Töne, die gerade noch wahrgenommen werden. Sie wird als Hörschwellenkurve bezeichnet und liegt bei 4 Phon. Das bedeutet, dass ein 1000-Hz-Ton mit einem Schalldruckpegel von 4 dB gerade noch gehört wird. Am empfindlichsten reagiert unser Gehör im Bereich zwischen 2000 bis 5000 Hz.

Vergleich von Schalldruckpegel und Lautstärkepegel als Funktion der Schallfrequenz
Die durchgezogenen Linien stellen Isophone (= Kurven gleicher Lautstärkepegel) dar. Rechts die Zuordnung von Phon-Werten zu den Geräuschen des Alltags.
(Quelle: Zabel, Kurzlehrbuch Physik, Thieme, 2016)Als Hörbereich oder Hörfläche bezeichnet man die Gesamtheit der wahrnehmbaren Töne. Er umfasst (bei einem normal hörenden Jugendlichen) Schallfrequenzen zwischen 16 Hz und 20 kHz sowie einen Lautstärkebereich von 4 Phon (Hörschwelle) bis 120–130 Phon (Schmerzgrenze). Noch lautere Töne werden nur als schmerzhaft wahrgenommen. Innerhalb dieses Hörbereiches liegt das Hauptsprachfeld, also die Frequenzen und Lautstärken, die in der normalen Umgangssprache vorkommen.