Viele Strukturen in Kopf und Hals und ihre Lage sowie Fehlbildungen lassen sich besser verstehen, wenn man die Embryologie nachvollzieht. Verschiedene Teile des Embryos bilden Anlagen für Gesicht, Schädel und Hals. Diese Anlagen bestehen nicht alle gleichzeitig, sondern entwickeln sich um die 4./5. Woche herum. Manche Strukturen sind bereits zurückgebildet, wenn neue entstehen.
Die Schlundbögen sind spangenförmige Wülste, zwischen denen sich außen Schlundfurchen und innen Schlundtaschen bilden. Aus diesen entstehen viele Strukturen von Kopf und Hals, die ihre endgültige Position wiederum durch Wanderung oder Proliferation von Strukturen erreichen.
Der Schädel wird aus Mesektoderm (Neuralleistenmesenchym) sowie prächordalem Mesoderm gebildet, der Hinterkopf durch okzipitale Somiten.
Bei der Entwicklung wandern die Anlagen von ihrem Ursprungsort an ihre endgültige Position in Kopf und Hals aus. Sie nehmen dabei immer ihre Innervation mit. Die Innervation einer Struktur erlaubt deshalb Rückschlüsse auf den embryonalen Ursprungsort.
Die Embryonalentwicklung von Kopf und Hals wird gerne von beiden Seiten gelehrt und gefragt. Man sollte sich also gut klar machen, welche Ursprungsstukturen welche späteren Gewebe bilden und, umgekehrt, aus welchen Strukturen sich ein bestimmtes Gewebe ableitet.
Das Gesicht entsteht beispielsweise aus Gesichtswülsten, die aus Neuralleistenmesenchym und aus dem 1. Schlundbogen (Ober- und Unterkiefer) entstehen. Die mimische Muskulatur wandert aus dem 2. Schlundbogen nach kranial in den späteren Gesichtsbereich ein.

Schlundbögen und Schlundfurchen in der 4. Embryonalwoche
Zwischen den sich entwickelnden Schlundbögen liegen die von außen sichtbaren Schlundfurchen (von innen sind die Bögen durch Schlundtaschen voneinander getrennt). Die Schlundbögen sind mesenchymalen Ursprungs, die Schlundfurchen entstehen aus Ektoderm.
(Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher. Prometheus Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen: Voll, Wesker. Thieme, 2022)
Gesichtswülste in der 5. Embryonalwoche
Die sich entwickelnde Kontur des Gesichts ist bereits erkennbar. Das Gewebe der Gesichtswülste stammt sowohl aus dem 1. Schlundbogen als auch aus Mesenchym der Neuralleiste
(Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher. Prometheus Kopf, Hals und Neuroanatomie. Illustrationen: Voll, Wesker. Thieme, 2022)