Phasen der Herzaktion
Die Pumpwirkung des Herzens beruht auf der rhythmischen Abfolge von Systole (Kontraktion) und Diastole (Entspannung). In Ruhe macht die Systole etwa ⅓ der Herzperiodendauer aus und die Diastole ⅔.
Anatomie des Herz-Kreislauf-Systems
Um die Mechanik des Herzens zu verstehen, benötigst du Kenntnisse über die anatomischen Verhältnisse des Herz-Kreislauf-Systems:
Aufbau des Herzens: Schau dir bei Bedarf noch einmal den Aufbau des Herzens mit den 2 Vorhöfen und 2 Ventrikeln sowie die Lage der 4 Herzklappen und der Ventilebene an.
Kreislauf: Der Blutfluss durch das Herz sowie die Zusammenhänge zwischen Lungen- und Körperkreislauf sind ebenfalls wichtig zum Verständnis der Herzmechanik.
Systole
Die Ventrikel kontrahieren sich, wodurch der Innendruck steigt. Dies führt zum sofortigen Verschluss der Segelklappen bzw. Atrioventrikular-(AV)Klappen, also der Mitral- und der Trikuspidalklappe. Die Klappen schließen sich, da der Ventrikeldruck den Vorhofdruck übersteigt. Damit wird der Rückfluss von Blut in den Vorhof verhindert. Zu diesem Zeitpunkt sind alle 4 Herzklappen geschlossen – d.h., der Druck in den Ventrikeln steigt an, während das Volumen gleich bleibt (isovolumetrische Kontraktion). Die Anspannungsphase dauert weniger als 0,1 s. Die R-Zacke des EKGs fällt in die Phase mit dem maximalen Volumen des linken Ventrikels. Zu Beginn der Austreibungsphase fällt das Volumen bereits deutlich ab.

Zeitlicher Ablauf des Herzzyklus
Die Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen der EKG-Kurve, den Phasen des Herzzyklus und den Druckverhältnissen im linken Ventrikel. Darüber hinaus ist der Öffnungszustand der Taschenklappen (= Aorten- und Pulmonalklappe) und der Segelklappen bzw. Atrioventrikular-Klappen (= Mitral- und Trikuspidalklappe) angegeben. Die Systole umfasst die Anspannungsphase (A–B) und die Austreibungsphase. Die Diastole besteht aus der Entspannungsphase (C–D) und der Füllungsphase.
(Quelle: Huppelsberg, Walter, Kurzlehrbuch Physiologie, Thieme, 2013)Herzzyklus
Schau dir genau an, welchem Abschnitt der EKG-Kurve welche Phase des Herzzyklus entspricht und wie sich das Volumen des linken Ventrikels verhält. In der Prüfung werden möglicherweise falsche Zusammenhänge als Antworten angeboten, die du dann direkt ausschließen kannst.
Die Austreibungsphase beginnt, wenn der intraventrikuläre Druck den in der Aorta (bzw. in der A. pulmonalis) herrschenden Druck übersteigt. Dadurch öffnen sich die Taschenklappen: Der Druck, bei dem sich die Klappen öffnen, entspricht dem diastolischen Aortendruck von ca. 80 mmHg (bzw. dem diastolischen Pulmonalisdruck von ca. 10 mmHg). Im Verlauf der Austreibungsphase steigt der Druck in der Aorta auf ca. 120 mmHg (bzw. in der A. pulmonalis auf ca. 25 mmHg) an. Wenn der Druck in der Austreibungsphase das Maximum erreicht hat, verläuft in etwa die T-Welle im EKG.
Im linken Ventrikel befinden sich ca. 130 ml Blut (Füllungsvolumen). Pro Schlag werden ca. 80 ml in die Aorta gepumpt (Schlagvolumen); etwa 50 ml bleiben als endsystolisches Restvolumen im Ventrikel zurück. Ein stark erhöhtes endsystolisches Volumen geht mit einer ausgeprägten Dilatation des Ventrikels einher; dies weist auf eine Herzinsuffizienz hin. Der O2-Verbrauch des Herzmuskels ist gegenüber einem gesunden Herzen erhöht.
Ejektionsfraktion
Unter der Ejektionsfraktion (EF) versteht man den Anteil des ausgeworfenen Volumens (Schlagvolumen) am Gesamtvolumen (Füllungsvolumen). Die EF beträgt normalerweise > 0,55 (d.h., das Schlagvolumen beträgt mindestens 55 % des Füllungsvolumens).
In der Abbildung zum Herzzyklus erkennt man, dass das linksventrikuläre Volumen zu Beginn der Austreibungsphase sehr schnell abnimmt. Dies ist der Zeitpunkt des Herzzyklus, an dem sich das linksventrikuläre Volumen am schnellsten ändert.
Näheres zu den Druck- und Volumen-Veränderungen während des Herzzyklus findest du hier.
Diastole
Wenn die Kontraktion der Ventrikel nachlässt und der Innendruck unter den Aortendruck absinkt, schließen sich die Taschenklappen wieder. Da zu diesem Zeitpunkt alle 4 Herzklappen geschlossen sind und sich somit das Volumen im Ventrikel nicht verändert, bezeichnet man diese Phase – analog zur Anspannungsphase – als isovolumetrisch. Während der Entspannungsphase fällt der Ventrikeldruck rasch ab.
Wenn der intraventrikuläre Druck unter den Vorhofdruck sinkt, öffnen sich die Segelklappen (die Taschenklappen sind weiterhin geschlossen): Blut strömt passiv von den Vorhöfen in die Ventrikel. In diese Phase fällt die P-Welle des EKGs. Am Ende der Füllungsphase entspricht der Druck im Ventrikel dem Vorhofdruck von 5–10 mmHg. Insgesamt fließen in dieser Phase jeweils ca. 80 ml in die beiden Ventrikel. Bereits im ersten Drittel der Füllungsphase sind etwa 80 % des Schlagvolumens wieder aufgefüllt. Bei einem ruhig liegenden Erwachsenen beträgt das Blutvolumen im linken Ventrikel am Ende der Füllungsphase (das enddiastolische Füllungsvolumen) etwa 130–140 ml; im Stand ist es durch den abnehmenden Füllungsdruck geringer. Am Ende der Diastole erfolgt die Vorhofkontraktion. Wenn die Erregung aus den Vorhöfen die Ventrikel erreicht hat, beginnt der Herzzyklus mit der Systole von vorne.
Herzinsuffizienz
Bei einer Herzinsuffizienz unterscheidet man bezüglich der Pathophysiologie:
systolische Herzinsuffizienz: Die Auswurfleistung des Herzens ist vemindert.
diastolische Herzinsuffizienz: Die Füllung des Ventrikels ist gestört bzw. seine Dehnbarkeit ist reduziert.
kombinierte systolische und diastolische Störungen: Beide Pumpphasen sind betroffen.
Eine Rechtsherzinsuffizienz infolge eines Myokardinfarkts des rechten Ventrikels geht mit einer verminderten Kontraktionsleistung (= reduziertes Schlagvolumen) des rechten Herzens einher. Vor dem rechten Herzen kommt es zum Blutrückstau, wodurch sich der Füllungsdruck erhöht. Dies führt zu einem erhöhten enddiastolischen Volumen im rechten Ventrikel. Bei einer systolischen Linksherzinsuffizienz ist das enddiastolische Volumen im linken Ventrikel erhöht.
Herzzyklus
Dieses Video fasst die Vorgänge während des Herzzyklus mit den zugehörigen Phasen der EKG-Kurve sehr gut zusammen. Genauer wird das Thema in den Lernmodulen zur Elektrophysiologie des Herzens behandelt. Sprache: Englisch, Länge: 4:10 min. (Alila Medical Media, YouTube, youtube.com/watch?v=IS9TD9fHFv0)
Mechanismen der Ventrikelfüllung
Der Ventilebenenmechanismus ist für einen erheblichen Teil der Ventrikelfüllung verantwortlich. Er ist v.a. für die frühe diastolische Füllung von Bedeutung (ein Großteil des Schlagvolumens fließt bereits im ersten Drittel der Diastole in die Kammern). Während der Systole (wenn sich das Herz kontrahiert) verschiebt sich die Ventilebene mit den Klappen in Richtung Herzspitze, also bezogen auf die zuführenden Venen „nach unten“. Dabei werden die Vorhöfe gedehnt, wodurch der Druck in ihnen deutlich abnimmt. Es entsteht ein Sog, der Blut aus den zentralen Körpervenen ansaugt und so den venösen Rückstrom des Blutes zum Herzen fördert.
In der Diastole erschlafft das Herz: Die Ventilebene verschiebt sich – der Blutsäule entgegen – wieder nach oben und das in den Vorhöfen angesammelte Blut kann nun in die erschlafften Ventrikel strömen. Der Ventilebenenmechanismus ist besonders bei höheren Herzfrequenzen wichtig, weil dann die Dauer des Herzzyklus abnimmt. Die Diastole wird im Vergleich zur Systole deutlich verkürzt: Das Verhältnis zwischen Systole und Diastole beträgt nun nicht mehr ⅓ Systole zu ⅔ Diastole, sondern ⅔ Systole zu ⅓ Diastole.
Die Vorhofkontraktion spielt für die Ventrikelfüllung in Ruhe keine große Rolle; lediglich 10–15 % der Füllung sind ihr zuzuschreiben. Sie ist eher gegen Ende der Füllungsphase relevant. Zudem gewinnt sie bei höheren Herzfrequenzen (und damit kürzerer Diastole) an Bedeutung.
Auch die Druckdifferenz zwischen Vorhof und Ventrikel trägt während der Füllungsphase zur Ventrikelfüllung bei. Die Abbildung zum Herzzyklus zeigt jedoch, dass diese Druckdifferenz während der Füllungsphase gering ist. Somit hat dieser Mechanismus nur einen unwesentlichen Anteil an der Ventrikelfüllung.