Filoviridae
Filoviren sind Viren mit linearer ssRNA. Sie sind kubisch und haben eine Hülle. Sie können bis zu 14000 nm (14 µm) lang werden.
Es gibt 2 (sehr gefährliche) humanpathogene Gattungen: Das Marburg-Virus (Marburg Virus, Ravn Virus), welches in Zentralafrika vorkommt, und das Ebola-Virus mit 6 Spezies in Zaire, Bundibugyo, Sudan, Taï Forest, Reston und Bombali.

Struktur des Marburg-Virus
Filoviren zeichnen sich durch eine lange fadenförmige Struktur aus. Die genomische RNA (gRNA) ist helikal angeordnet und von einem Komplex von Proteinen eingeschlossen. Das NP-Protein verpackt die Nucleinsäure. Damit assoziiert ist das Protein VP35 (P) – ein Kofaktor für das L-Protein, welches für die Replikation der viralen Gene zuständig ist. Außerdem zählt das VP30 zu diesem Komplex. In der Hülle findet sich schließlich das glykosylierte Protein GP als viraler Rezeptor zur Adsorption an der Wirtszelle.
(Quelle: Hof, Schlüter, Dörries, Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, Thieme, 2022)Das Virus wird durch Endozytose in die Zielzelle aufgenommen. Als Rezeptoren dienen dem Virus u.a. Heparansulfat, Proteoglykane und Toll-like-Rezeptoren. Das membranständige virale Glykoprotein (GP) vermittelt dann die Fusion der viralen Hülle mit der Endosomenmembran. Anschließend werden mithilfe des L-Proteins die viralen Gene transkribiert. Das L-Protein ist mit weiteren Strukturproteinen (NP, P) zu einem replikativen Komplex zusammengelagert. Sobald ausreichend NP-Protein produziert worden ist, werden die Start- und Stoppsequenzen der einzelnen Gene überlesen und es entstehen antigenomische RNAs, die als Matrize zur Synthese neuer genomischer RNA-Moleküle dienen. Die neuen genomischen RNA-Moleküle werden mit Nucleokapsidproteinen zusammengebaut. Das Glykoprotein GP lagert sich mit seinen Transmembrandomänen in die Zellmembran der Wirtszelle ein und direkt darunter ordnet sich das Matrixprotein M (VP40) an. Zur Knospung neuer Viruspartikel lagern sich die Nucleokapside mit der gRNA an das VP40 an und die Viruspartikel werden durch Abschnüren freigesetzt.
Marburg-Virus und Ebola-Virus
Starkes hämorrhagisches Fieber mit Verbrauchskoagulopathie, massiven Organ- und Hautblutungen, die terminal zum Exitus im Schockzustand führen.
Die Pathogenese der Infektion ist nur teilweise geklärt. Möglicherweise werden Makrophagen infiziert, die vermehrt systemisch wirkende Zytokine ausschütten. Dadurch können erhöhte Gefäßpermeabilität, interstitielle pulmonale Ödeme, Fehlfunktionen der Nierentubuli und Schock-Syndrom entstehen.
Der Nachweis der Viren erfolgt durch Isolierung und Anzucht. Außerdem kommen RT-PCR und serologische Methoden zum Einsatz.
Der Nachweis darf nur im Hochsicherheitslabor durchgeführt werden.
Bisher kausal nicht möglich. Durch den Ebola-Ausbruch 2014–2016 wurde die Impfstoffentwicklung allerdings entscheiden vorangetrieben. Als erste Ebola-Vakzine ist der Vesicular Stomatitis Virus (VSV) basierte rVSV-ZEBOV Impfstoff gegen Zaire Ebola-Virus durch die Europäische Kommission am 11.11.2019 für Europa zugelassen. Die Genehmigung der EMA für das Inverkehrbringen eines weiteren Adenovirus-basierten Ebola-Impfstoffes (Ad26.ZEBOV, MVA-BN-Filo) wurde im November 2019 erteilt. Beide Impfstoffe werden von der WHO für den Gebrauch bei Ebola-Ausbrüchen empfohlen. Weitere mögliche Therapeutika in der Entwicklung sind Antikörper (z.B. REGN-EB3, bestehend aus 3 humanen monoklonalen Antikörpern, und mab114, ein rekombinant humaner Antikörper, gegen Ebola Virus Glykoprotein; ZMAPP, ein Gemisch aus 3 murin/human chimerien Antikörpern) oder das Nukleosidanalogon Remdesivir
Die Letalitätsrate bei Marburg-Virus liegt bei ca. 50% (24–88%), bei Ebola-Virus bei ca. 50% (25–90% bei den letzten Ausbrüchen).
Seit der Entdeckung des Marburg-Virus und Ebola-Virus 1967 bzw. 1976 gab es mehr als 40 Ausbrüche. In Westafrika gab es 2014–2016 den bisher größten Ebola-Ausbruch der Geschichte. In den betroffenen Ländern (Guinea, Liberia und Sierra Leone) erkrankten 28616 Menschen und 11310 Menschen starben. Bei dem Ebola-Ausbruch im Kongo 2018–2019 sind 3431 Menschen erkrankt und 2253 Menschen gestorben. 2020 wurde der Ausbruch von der WHO offiziell für beendet erklärt.
Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Schmierinfektion. Als Infektionsquelle gelten Affen, das Reservoir ist unbekannt.
Der Verdacht auf, Erkrankung an und Tod durch virusbedingtes hämorrhagisches Fieber (VHF) sind nach § 6 IfSG meldepflichtig. Ebenso ist der direkte oder indirekte Nachweis der Erreger, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen, nach § 7 IfSG meldepflichtig.
Togaviridae
Togaviren sind Viren mit linearer ssRNA. Ihre RNA ist in ein ikosaedrisches Kapsid verpackt, und sie haben eine Hülle.
Es gibt nur das Genus Alphavirus mit > 30 Spezies, darunter sowohl human- und tierpathogene Spezies. Sie werden in der Regel durch Vektoren übertragen (Arboviren, arthropode born virus). Alphaviren werden eingeteilt in
die der Neuen Welt (meist enzephalitogen, z.B. Eastern-/Western-/Venezuelian Equine Virus [EEEV/WEEV/VEEV] u.a.) und
die der Alten Welt (meist arthritogen, z.B. Sindbis Virus [SbV], Semliki Forest Virus [SFV], Chikungunya Virus [CHIKV], Ross River Virus [RRV], Barmah Forest Virus [BFV], Mayaro Virus [MV], O’Nyong Nyong Virus [ONNV] u.a.).
Die Ausbreitung des CHIKV nach Amerika seit 2013 zeigt allerdings die Dynamik der möglichen Verbreitung. Aufgrund serologischer Kreuzreaktivität werden 6–8 Serokomplexe unterschieden.
Das bis 2019 zur Familie der Togaviridae gezählte Genus Rubivirus (mit der einzigen Spezies: Rubellavirus) wird nun der Familie der Matonaviridae zugeordnet.
Enzephalitis
Antigennachweis, PCR oder Erregernachweis (durch Anzucht, nur in Speziallaboren).
Kausal nicht möglich.
In manchen Fällen (z.B. EEEV) Letalität nach wenigen Tagen bis zu 70%. Chikungunya-Fieber kann zu chronischer Polyarthralgie (Gelenkbeschwerden > 6 Wochen) führen.
Vermeiden von Insektenstichen. Vakzine sind erst in der Phase der klinischen Testung (z.B. VLA1553, eine lebend attenuierte Chikungunya Vakzine).
Alphaviren werden durch blutsaugende Vektoren auf den Menschen übertragen. Infektionen sind in Europa selten, müssen aber als Reiseerkrankung berücksichtigt werden. Mit der zunehmenden Ausbreitung von Vektoren (z.B. Aedes albopictus) kann es auch in Europa zu einer möglichen Zunahme von Alphaviren – wie dem CHIKV, für das autochtone Fälle in Italien seit 2007 bekannt sind – kommen. Eine im Jahr 2005 beschriebene E1-Mutation (A226V) im CHIKV der East/Central/South-African-Linie wird für eine verbesserte Übertragung durch den Vektor A. albopicus und damit die Ausbreitung des Erregers mitverantwortlich gemacht.
Im Jahr 2018 wurden dem RKI 26 importierte Chikungunyavirus-Erkrankungen in Deutschland übermittelt.
Erkrankung an und Tod durch virusbedingte Meningoenzephalitiden und Verdacht auf, Erkrankung an und Tod durch virusbedingtes hämorrhagisches Fieber sind nach § 6 IfSG meldepflichtig, ebenso der direkte oder indirekte Virusnachweis nach § 7 IfSG.
Gemäß § 7 IfSG ist der direkte oder indirekte Nachweis von Chikungunya-Virus, Dengue-Virus, West-Nil-Virus, Zika-Virus und sonstigen Arboviren namentlich meldepflichtig.
Matonaviridae
Matonaviren sind Viren mit linearer ssRNA. Ihr Nukleokapsid ist kubisch und sie haben eine Hülle. Diese Familie wurde 2019 in Abgrenzung zur Familie der Togaviridae neu begründet(s.o.). Es gibt nur das Genus Rubellavirus.

Struktur des Rubellavirus
Das Genom ist in ein ikosaedrisches Kapsid verpackt, welches aus Homodimeren des Kapsidproteins C gebildet wird. In der Hülle finden sich die beiden, als Heterodimere zusammengelagerten Proteine E1 und E2, die wiederum zu Trimeren zusammengelagert sind. Für die Adsorption an der Zielzelle ist das E1-Glykoprotein zuständig.
(Quelle: Hof, Schlüter, Dörries, Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, Thieme, 2022)Das Virus wird über Endozytose aufgenommen (die Rezeptoren dafür sind verschieden). Durch Umlagerung der E1-/E2-Proteine im sauren Milieu des Endosoms wird die Fusion mit der Endosomenmembran vermittelt und das Kapsid gelangt in die Wirtszelle. Wie die RNA aus dem Kapsid freigesetzt wird, ist nicht bekannt.
Die RNA wird in ein Polyprotein translatiert, welches sich autoproteolytisch in die für die Virusreplikation nötigen Proteine spaltet. Der weitere Replikationsweg verläuft ähnlich wie bei den Coronaviren. Allerdings können bei den Togaviren die neuen Viruspartikel nicht nur im endoplasmatischen Retikulum zusammengesetzt werden, sondern auch direkt an der Plasmamembran. Von dort werden sie direkt nach draußen abgeschnürt.
Röteln
Bei der postnatalen Infektion dringt das Virus in den Respirationstrakt ein und befällt nach einer Replikationsphase in den lymphoiden Geweben des Nasopharynx die regionalen Lymphknoten des Respirationstrakts. Dort vermehrt es sich weiter und es kommt zu einer Virämie, die als Lymphadenopathie sichtbar wird. Etwa 8 Tage nach der Infektion erscheint das Virus im Blut und wird mit dem Stuhl und im Nasopharynx ausgeschieden. Durch die hämatogene Streuung gelangt es ca. 10 Tage nach dem Eindringen in den Körper in die Haut, wo es die typischen Exantheme hervorruft. Jetzt wird das Virus auch mit dem Urin ausgeschieden. Auch eine konnatale Infektion ist möglich.
Der Nachweis erfolgt über RT-PCR, Antikörpernachweis mit ELISA (IgG, IgM), IgG-Avidität, Immunoblot oder Hämagglutinationshemmtest. In der Pädiatrie findest du beim Krankheitsbild Röteln ausführlichere Informationen zur Diagnostik.
Eine Therapie ist kausal nicht möglich und symptomatisch i.d.R. nicht nötig. Die STIKO empfiehlt eine Schutzimpfung durch trivalente Vakzine (Lebendimpfstoff) gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfung). Bei den Röteln stehen (weitere) Details zur Therapie, den Krankheitfolgen bzw. Komplikationen und der Prophylaxe.
Die Erkrankung ist weltweit verbreitet. Bis zum 10. Lebensjahr sind, ohne eine allgemeine Impfung, ca. die Hälfte aller Kinder betroffen. Mehr zur Epidemiologie findest du bei den Röteln.
Nach § 6 IfSG und § 7 besteht eine namentliche Meldepflicht (mehr dazu hier).
Eine Arthritis ist eine Gelenkentzündung. Je nach Anzahl der betroffenen Gelenke unterscheidet man: Monarthritis (1 Gelenk), Oligoarthritis (2–4 Gelenke) und Polyarthritis (> 4 Gelenke).
Röteln sind eine weltweit verbreitete, exanthematische Viruskrankheit mit Lymphadenopathie, die postnatal regelhaft mild verläuft, aber bei pränataler Infektion eine schwere Embryopathie auslösen kann.