Händehygiene
Hygienische Händedesinfektion
Hygienische Händedesinfektion
Bei der hygienischen Händedesinfektion wird die transiente Hautflora, d.h. die Bakterienflora, die z.B. beim Händeschütteln oder bei Berührung eines kontaminierten Gegenstands (Türklinke etc.) mit den Händen aufgenommen wird, entfernt.
Die hygienische Händedesinfektion erfolgt 30 s lang mit 3–5 ml alkoholischem Händedesinfektionsmittel (farb- und duftstofffrei zur besseren Verträglichkeit).
Die Alkoholkonzentration zur Desinfektion sollte ca. 70% betragen. Ist sie niedriger als etwa 60%, können Bakterien den Alkohol ggf. abbauen, ist sie höher als 90%, kann der Alkohol auf Bakterien oder Bakteriensporen durch Wasserentzug konservierend statt bakterizid wirken. In speziellen Fällen, wie z.B. gehäuftes Auftreten von bestimmten Viren, darunter Rotaviren, muß vorübergehend ein >90% alkoholisches Desinfektionsmittel eingesetzt werden, obwohl dies stark hautreizend und -austrocknend ist.
Beim Einreiben ist besonders darauf zu achten, dass alle Bereiche der Hand (auch Fingerkuppen, Daumen und Fingerzwischenräume) sowie das Handgelenk miteinbezogen werden. Schmuckstücke, wie Ringe und Uhren, sind zuvor abzulegen, da sonst die Haut nicht benetzt werden kann. Grundsätzlich ist alles, was die Desinfektion stören kann, an Händen und Unterarmen nicht erlaubt (gemäß den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe, TRBA 250 und nach KRINKO-Vorgaben).
Die hygienische Händedesinfektion ist insbesondere angezeigt („5-moments“-Konzept der WHO)
vor und nach jedem Patientenkontakt, bzw. nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material (z.B. Blut, Sekrete etc.)
vor infektionsgefährdeten Tätigkeiten (z.B. vor dem Vorbereiten von Spritzen, Medikamenten und Infusionen)
nach jeder Manipulation an kolonisierten bzw. infizierten Bereichen, auch am selben Patienten
vor Verlassen des Patientenzimmers, auch wenn kein Patientenkontakt stattgefunden hat (Möglichkeit einer Flächenkontamination!).
My 5 Moments for Hand Hygiene („5-moments“-Konzept der WHO): Händedesinfektion soll erfolgen
vor Patientenkontakt
vor aseptischen Tätigkeiten
nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material
nach Patientenkontakt
nach Kontakt mit der direkten Patientenumgebung
Die Händehygiene einschließlich der Händedesinfektion ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verhinderung der Infektionsübertragung!
Tätigkeiten mit wahrscheinlicher Keimbelastung sollten immer mit (Einmal-)Handschuhen durchgeführt werden.
Chirurgische Händedesinfektion
Das präoperative Händewaschen bei Betreten der OP-Abteilung mit Flüssigseife für max. 1 min ist i.A. ausreichend. Die Hände sollen anschließend gründlich abgetrocknet werden. Bürsten der Hände und der Unterarme erhöht die Keimzahl auf der Haut und verursacht möglicherweise Mikroverletzungen, über die Keime eindringen können. Deshalb sollten Bürsten nur bei verschmutzten Nägeln angewandt werden. Anschließend erfolgt die chirurgische Händedesinfektion.
Händewaschen und Hautpflege
Bei sichtbarer Verschmutzung sowie sichtbarer Kontamination mit Körpersekreten sollten die Hände mit Wasser und Seife gereinigt und gründlich abgetrocknet werden. Anschließend folgt eine Händedesinfektion.
Die Haut wird durch Waschen mit Seife wesentlich höher strapaziert als durch die alleinige Verwendung von alkoholischem Desinfektionsmittel, welches zusätzlich über rückfettende Substanzen verfügt. Die Kombination von Wasser/Seife und Alkohol ist für die Haut am schlechtesten verträglich. Deshalb sollte, wenn möglich, der Händedesinfektion der Vorzug vor dem Waschen geben werden.
Zur Hautpflegesollten vor Dienstbeginn Schutzcremes und Pflegecremes verwendet werden. Der Arbeitgeber hat dazu geeignete Hautschutz- und -pflegemittel zur Verfügung zu stellen.
Tragen von Schutzkleidung
Schutzhandschuhe sollten zusätzlich zur Händedesinfektion bei möglichem Kontakt mit Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten, Exkreten sowie bei Kontakt mit Schleimhaut oder nichtintakter Haut getragen werden.
Ein Schutzkittel ist dann notwendig, wenn eine Kontamination der Arbeitskleidung mit Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten oder Exkreten zu erwarten ist. Gegebenenfalls vor Flüssigkeit schützende Schürzen tragen. Derselbe Schutzkittel kann beim selben Patienten vom Personal mehrfach verwendet werden, wenn keine sichtbare Kontamination vorliegt (Cave: Außen- und Innenseite nicht verwechseln). Verschmutzte Kittel müssen sofort gewechselt werden. Der Schutzkittel sollte möglichst erst im Eingangsbereich des (Isolier-)Zimmers angezogen und bei Verlassen des Zimmers abgelegt werden (Abwurf im Zimmer oder Aufhängen zur Mehrfachbenutzung im Zimmer).
Ein Mund- und Nasenschutz (sog. chirurgische Maske) muss immer dann getragen werden, wenn die Gefahr besteht, dass der Nasen-Rachen-Raum bei der jeweiligen Tätigkeit mit pathogenen Keimen besiedelt werden kann. Dies ist z.B. beim endotrachealen Absaugen gegeben. Ebenso ist die Maske zu tragen, wenn umgekehrt das Risiko besteht, dass Keime aus dem Nasen-Rachen-Raum des Arztes oder der Pflegeperson auf den Patienten übertragen werden können (z.B. während einer OP).
Bei aerogen übertragenen Erregern (Mycobacterium tuberculosis, SARS-Cov-2 u.a.) ist ein chirurgischer Mund-Nase-Schutz (MNS) als Übertragungsschutz geeignet (Benutzungsdauer: solange Durchfeuchtung die Funktion nicht beeinträchtigt). Atemschutzmasken (FFP2 oder -3) dienen dem Personal als Übertragungsschutz.
Aufbereitung von Medizinprodukten
Instrumente und Gegenstände werden abhängig von ihrer Risikoeinstufung gereinigt und aufbereitet. Die Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten beziehen sich auf die gemeinsamen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. auf die amerikanische Spaulding-Klassifikation.
Für Medizinprodukte, die lediglich in Kontakt mit intakter Haut kommen (z.B. Blutdruckmanschette, Stethoskop), sind Reinigungsmaßnahmen hier oft ausreichend. Allerdings ist in Risikobereichen und bei nach KRINKO zu beachtenden Erregern wie z.B. MRSA eine Desinfektion nötig.
Als semikritisch sind Medizinprodukte anzusehen, die mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen (z.B. Tubus, Endoskop). Je nach Schwierigkeit der Aufbereitung werden sie weiter in Gruppe A (ohne besondere Anforderungen) bzw. B (mit erhöhten Anforderungen an die Aufbereitung, z.B. lange, enge Lumina, Hohlräume) eingeteilt. Hier ist eine Reinigung und eine Desinfektion notwendig.
Kritisch sind Medizinprodukte für die Anwendung von Blut, Blutprodukten und anderen sterilen Arzneimitteln. Auch Medizinprodukte, die die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut, inneren Geweben, Organen oder Wunden (z.B. chirurgische Instrumente) gehören dazu. Sie werden weiter in die Gruppen A, B und C eingeteilt, wobei an die Aufbereitung der Medizinprodukte „kritisch C“ (thermolabile Medizinprodukte) besonders hohe Anforderungen gestellt werden. Hier ist eine Sterilisation notwendig.
Reinigung/Desinfektion von Flächen, Betten, Wäsche
Bei sichtbaren Verschmutzungen/Kontaminationen mit potenziell infektiösem Material wird sofort mit einem flächendesinfektionsmittelgetränkten Lappen oder Tuch wischdesinfiziert (kein Versprühen!). Wenn möglich, sollte ein aldehydfreies Präparat verwendet werden. Bei Flächen bis zu 1 m2 ist 60–70%iger Alkohol ausreichend. Bei größeren Flächen besteht durch den verdunstenden Alkohol Explosionsgefahr. In diesem Fall können auch Aldehyde verwendet werden.
In der Intensivpflege werden patientennahe Oberflächen (einschließlich der Bedienflächen der Monitore) routinemäßig einmal pro Schicht mit Flächendesinfektionsmitteln desinfiziert.
Bei Fußböden ist eine Reinigung i.d.R. ausreichend. Bei Kontamination ist allerdings auch hier eine unverzügliche, zielgerichtete Wischdesinfektion nötig.
Die regelmäßige Desinfektion patientennaher Oberflächen dient auch zur Prävention nosokomialer Infektionen.
Abhängig vom Risikobereich ist eine Reinigung ausreichend. Matratzen haben einen flüssigkeitsdichten Bezug und werden abgewischt. Eine Bettendesinfektion ist immer bei sichtbarer Kontamination und nach Entlassung von infektiösen oder isolierten Patienten erforderlich.
Wird generell desinfizierend gewaschen. Bei Patienten mit meldepflichtigen Infektionskrankheiten wird die Wäsche gesondert gesammelt und chemothermisch desinfiziert.
Personalschutz
Impfmaßnahmen
Krankenhauspersonal sollte grundsätzlich neben den generell im Erwachsenenalter empfohlenen Impfungen zusätzlich gegen Pertussis, Varizellen, MMR oder ggf. MMRV (Mumps-Masern-Röteln- und Varizella-Kombinationsimpfstoff), Hepatitis B und Influenza geimpft sein (STIKO, Juli 2009 und Januar 2021). Wird ein Patient mit einer impfpräventablen Infektionskrankheit eingeliefert, sollte bei dem ihn betreuenden Personal eine entsprechende Immunität bestehen. Das IfSG schreibt eine Impfung (bzw. Immunität) von medizinischem Personal gegen Masern vor.
Das Hepatitis-B-Virus kann schon über kleinste Bagatellverletzungen von Haut bzw. Schleimhaut übertragen werden (z.B. akzidentelle Selbstverletzung durch Kanülen). Nach einer aktiven Impfung bietet ein Anti-HBS-Titer von > 100 IE/l einen mindestens 10 Jahre anhaltenden Schutz. Wenn zuvor keine aktive Impfung erfolgte, wäre eine passive Impfung mit Anti-HBS Serum möglich.
Verhaltensregeln
Beim Umgang mit Nadeln, Skalpellen und anderen scharfen oder spitzen Instrumenten/Gegenständen (sog. „sharps“) sind konsequente Vorsichts- und Schutzmaßnahmen unerlässlich:
kein „recapping“
keine manuelle Entfernung von Spritzennadeln
sofortige Entsorgung von „sharps“ in durchstichfesten, bruchsicheren und verschließbaren Behältern
möglichst grundsätzlich „safety devices“ verwenden (gemäß TRBA 250):
kein Patientenkontakt für medizinisches Personal mit offenen Hautläsionen oder Dermatitiden
bei Kontakt mit Blut, Sekreten oder Schleimhäuten immer Handschuhe tragen
Mundschutz und Schutzbrille bei Gefahr durch Aerosole
intraoperativ Schutzbrille und doppelte Handschuhe.
Maßnahmen nach einer Nadelstichverletzung:
Das Risiko für eine HIV-Infektion nach einer Nadelstichverletzung ist mit etwa 0,01–0,3% deutlich geringer als für Hepatitis B (30–40%) oder Hepatitis C (3–5%) und kann mithilfe der Postexpositionsprophylaxe nochmals deutlich gesenkt werden.
Testungen auf (SARS-CoV-2-)Infektion
Laut S1-Leitlinie zur nationalen Teststrategie für Mitarbeitende im Gesundheitswesen sollen Mitarbeiter im Gesundheitswesens, die COVID-19-Patienten betreuen, regelmäßig auf eine SARS-COV-2-Infektion mittels RT-PCR getestet werden. Des Weiteren sollte Personal mit einem hohen Infektionsrisiko, wie z. B. in Notaufnahmen, Intensivstationen oder Infektionsstationen etc. (Einrichtungen gemäß §23 IfSG) sowie Personal, das Risikotätigkeiten nachgeht (z. B. Prozeduren mit Aerosolbildung) ebenfalls regelmäßig getestet werden. Bei lokalen Ausbruchsgeschehnissen und Überschreitungen des Signalwerts (Signalwert: Inzidenz von 50 Neuinfektionen auf 100000 Einwohner innerhalb der letzen 7 Tage im Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt) ; wenn der Arbeitsplatz innerhalb eines Corona-Hot-Spots liegt bzw. eine relevante Anzahl an COVID-19-Patienten auf den Stationen liegen, oder in den Praxen erscheinen, sollte das gesamte Personal alle 14 Tage auf eine SARS-CoV-2-Infektion getestet werden.
Begleitend soll die wissenschaftliche Evaluation der Nutzen-Schaden-Bilanz der eingesetzten Teststrategien evaluiert werden und Erkenntnisse umgehend in die Leitline einfließen.
Damit die Hygiene im Arbeitsalltag erfolgreich umgesetzt wird, ist die Motivation des Teams entscheidend!
Isolierung
Isolierung ist keine Standardmaßnahme, aber bei Infektion (ggf. auch bei Kolonisation) durch multiresistente Erreger, MRSA, ggf. VRE oder sehr umweltresistente, leicht übertragbare Erreger wie Noroviren oder SARS-CoV-2 indiziert.
Gegebenenfalls können mehrere Patienten mit genetisch identischem MRSA-Stamm als Kohorte isoliert werden, allerdings immer mit patientenbezogenen Pflegeutensilien. Bei Noroviren genügen weniger als 100 Viruspartikel für eine Infektion. Infizierte Patienten müssen daher isoliert mit eigener Toilette untergebracht werden, auch hier können mehrere Erkrankte in einem Zimmer liegen. Eine Impfung gegen Noroviren existiert bislang nicht, erkranktes Personal sollte konsequent freigestellt werden.
Patienten, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, müssen ebenfalls isoliert (abgesondert) werden. Die Absonderung muss dabei nicht unbedingt im Krankenhaus stattfinden, sondern kann auch in einer anderen geeigneten Einrichtung oder anderer geeigneter Weise erfolgen.
Stark immungeschwächte Patienten müssen durch Umkehrisolierung gegen eine Übertragung von Erregern vom Personal und aus der Umwelt geschützt werden.