Klassifikation
Coronaviren sind Viren mit linearer ss(+)-RNA. Das Virus hat eine Hülle, das Nukleokapsid eine helikale Struktur. Es gibt 2 humanpathogene Arten: Coronavirus und Torovirus (i.d.R. tierpathogen, wird hier nicht weiter besprochen).
Von den Coronaviren sind 7 Gattungen humanmedizinisch bedeutend:
humane Coronaviren HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-HKU1 und HCoV-NL63
SARS-CoV, MERS-CoV, SARS-CoV-2.
Das Genom der humanpathogenen Coronaviren umfasst ca. 28 000 bis 31 000 Nukleotide, was sie zu den größten bekannten RNA-Viren macht. 2/3 des Genoms (genau: ORF1a und ORF1ab) codieren für die virale Replikase/Transkriptase PP1a und PP1ab, der Rest codiert für die subgenomische mRNA, die für die akzessorischen Proteine sowie für die vier Strukturproteine benötigt wird. Zu letzteren gehören: das Spike-Protein (S), das Envelope-Protein (E), das Membranprotein (M) und das Nukleokapsid (N).

Struktur des humanen Coronavirus NL 63
Die gRNA des humanen Coronavirus NL63 (HuCoV-NL63) ist mit dem Nukleoprotein (N) verpackt. Das Nukleokapsid interagiert mit dem Matrixprotein (M), welches in der Hülle mit 3 Transmembrandomänen lokalisiert ist. Weiterhin finden sich in der Hülle das S- oder Spike-Protein (S) und das Envelope-Protein (E). Während das S-Protein zur Adsorption an der Wirtszelle dient, nimmt das E-Protein wahrscheinlich mehrere Funktionen bei der viralen Morphogenese, der Virusfreisetzung oder der Ausbildung von Ionenkanälen wahr. Die S-Proteine haben zur Namensgebung geführt, da sie im Elektronenmikroskop wie ein Strahlenkranz (Corona) imponieren.
(aus Hof, Schlüter, Dörries, Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, Thieme, 2019)Coronaviren nutzen unterschiedliche Rezeptoren zum Eindringen in ihre Zielzelle. Durch die Bindung des Virus an den Rezeptor ändert sich die Konformation des Spike-Proteins (S-Protein) auf der Hülle des Virus und die Domäne, die die Fusion ermöglicht, wird freigelegt. Das Virus fusioniert mit der Zellmembran der Wirtszelle und das virale Genom gelangt ins Zytoplasma. Auch eine endozytotische Aufnahme des Virus mit anschließender Fusion der viralen Hülle mit der Endosomenmembran wurde beschrieben. Zunächst wird mit der genomischen RNA als Matrize ein Polyprotein synthetisiert, das eine intrinsische proteolytische Aktivität besitzt und sich autoproteolytisch spaltet. Dabei entstehen Nichtstrukturproteine wie z.B. eine RNA-abhängige RNA-Polymerase, die das virale Genom in antigenomische Minusstränge um, die als Matrize für die Neusynthese genomischer Plusstrang-RNA dienen. Außerdem wird ein Satz negativsträngiger subgenomischer RNAs produziert, die alle am 3´-Ende des Genoms enden, aber unterschiedliche Startpunkte in Richtung 5´-Ende haben. Sie codieren für die Strukturproteine, die nach Umschreiben in subgenomische Plusstränge translatiert werden. Die membranständigen viralen Strukturproteine werden in die Membranen des endoplasmatischen Retikulums eingelagert. Die neuen, im N-Protein verpackten genomischen RNAs interagieren mit diesen membranständigen viralen Proteinen, wodurch der Knospungsprozess getriggert wird, der die neuen Viruspartikel in das endoplasmatische Retikulum abgibt. Die fertigen Viruspartikel gelangen dann durch Exozytose aus der Wirtszelle. Eine detaillierte Beschreibung des Replikationszyklus von SARS-CoV-2 ist weiter unten zu finden.
Humane Coronaviren HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-HKU1, HCoV-NL63 (endemische Coronaviren)
Die vier Coronaviren HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-HKU1, und HCoV-NL63 kommen weltweit endemisch vor und verursachen in der Regel unkomplizierte akute respiratorische Infektionen, schwere Verläufe sind selten. Die Infektionen treten gehäuft in der kalten Jahreszeit auf.
Die Viren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und infizieren die Zilienzellen des Nasopharynx. HCoV-OC43 und HCoV-HKU1 nutzen dazu als Rezeptor einen Sialinsäurerezeptor, HCoV-229E die Aminopeptidase N und HCoV-NL63 das Angiotensin converting Enzyme ACE2. Durch die Replikation des Virus wird die Zelle geschädigt und es kommt zur Ausschüttung von Interleukinen und Chemokinen, welche die Immunreaktion auslösen. Ein Nachweis ist in der Regel nicht nötig, kann aber durch RT-PCR geführt werden.
Eine Therapie gibt es nicht, ebenso keine Prophylaxe (außer der Expositionsprophylaxe). Auch eine Meldepflicht nach IfSG besteht für die endemischen Coronaviren nicht.
SARS-CoV (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus)
SARS-CoV trat 2002/03 zum ersten Mal auf und verursachte eine weltweite Pandemie. Es war ursprünglich ein zoonotischer Erreger und stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit von Fledermäusen aus der chinesischen Provinz Yunnan. Von dort aus breitete es sich weltweit aus. Seit 2004 wurde es nicht mehr nachgewiesen.
In der Mehrheit der Fälle erkrankten Erwachsene, Kinder waren selten betroffen. Auffallend war ein hoher Anteil an medizinischem Personal unter den Erkrankten. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel 5 Tage.
Schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS).
Die Übertragung erfolgt ab dem Symptombeginn durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch. Das Virus gelangt in der Lunge über ACE2 als Rezeptor in die Wirtszellen. Die Viruslast im Rachen ist gering, daher ist die Ansteckung auch nicht so hoch wie bei SARS-CoV-2, welches bereits in den oberen Atemwegen die Zellen befällt.
Der Nachweis des Erregers erfolgt durch RT-PCR.
Es gibt weder eine kausale Therapie noch eine Prophylaxe (außer der Expositionsprophylaxe).
Eine Meldepflicht nach IfSG besteht nicht.
MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus)
MERS-CoV ist war ursprünglich ein zoonotischer Erreger, der zum esten Mal 2012 bei Patienten auf der Arabischen Halbinsel nachgewiesen wurde. Als Reservoir gilt das Dromedar. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Die Erkrankungsraten innerhalb von Familien sind niedrig, allerdings hat es in Krankenhäusern schon größere Ausbrüche gegeben. Seit September 2012 bis November 2019 wurden der WHO 2494 Labor-bestätigte Fälle mit 858 Todesfällen aus 27 Ländern berichtet, davon der Großteil aus Saudi-Arabien mit 2102 Fällen sowie 780 Todesfällen; die case-fatality-rate mit ca. 35–40% ist wahrscheinlich eher zu hoch eingeschätzt, da es auch asymptomatische, nicht gemeldete Fälle gibt. In Deutschland hat es bisher 3 bekannte Fälle gegeben, die alle von der Arabischen Halbinsel importiert waren.
Middle East Respiratory Syndrome (MERS)
Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen- und Schmierinfektion. Aufgrund bisheriger epidemiologischer Beobachtungen ist allerdings davon auszugehen, dass das Virus nur schwer von Mensch zu Mensch übertragen wird. Das Virus infiziert hauptsächlich die Alveolarpneumozyten Typ I und II. Als Rezeptor dient die Dipeptidyl-Peptidase 4, DPD4, die auf der Oberfläche der Pneumozyten exprimiert wird. Der Kontakt zwischen Virus und Wirtszelle kommt über die S1A-Domäne des Spike-Proteins des Virus und die α2,3-Sialinsäure der DPD4 zustande, die Bindung des Virus an den Rezeptor DPD4 über die S1B-Domäne des Virus-S-Proteins. MERS-CoV unterwandert die Immunreaktion des Körpers u.a. dadurch, dass es keine Ausschüttung von Interferon und nur eine minimale Ausschüttung von Zytokinen induziert. Möglicherweise ist diese erst tief in der Lunge stattfindende Infektion der Grund für die Schwere der Krankheit und auch für die geringe Kontagiosität. Die Inkubationszeit beträgt weniger als 1 Woche.
Nachweis der viralen RNA aus BAL durch RT-PCR. Serologie (Westernblot, Immunfluoreszenz) ist bisher nur im experimentellen Stadium vorhanden.
Kausal nicht möglich.
Kein Impfstoff vorhanden. Es ist nur eine Expositionsprophylaxe möglich. Risikopatienten (Menschen mit Vorerkrankungen, Immunsupprimierte) wird empfohlen, sich von Kamelen fernzuhalten.
Der direkte oder indirekte Nachweis von MERS-CoV ist nach § 7 IfSG namentlich zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen. Des Weiteren sind alle Fälle entsprechend der Falldefinition des RKI gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5a IfSG (Auftreten einer bedrohlichen Krankheit, wenn dies auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist und Krankheitserreger als Ursache in Betracht kommen, die nicht in § 7 genannt sind), namentlich zu melden.
Darüber hinaus stellt das Gesundheitsamt gemäß § 25 Abs. 1 IfSG ggf. eigene Ermittlungen an.
SARS-CoV-2
Epidemiologie
SARS-CoV-2 ist zum ersten Mal im Dezember 2019 in Wuhan in China aufgetreten und wurde im Januar 2020 als Coronavirus identifiziert. Es ist Verursacher der weltweiten COVID-19-Pandemie, die sich zur Zeit immer weiter ausbreitet und von der WHO global mit sehr hohem Risiko eingestuft wurde. Man geht davon aus, dass das Virus als ursprünglich zoonotischer Erreger von Fledermäusen auf den Menschen überging.
Die Übertragung von SARS-CoV-2 erfolgt von Mensch zu Mensch über Tröpfcheninfektion und durch Aerosole. Die Ausbreitung zeigt eine Überdispersion durch Superspreading (wenige Infizierte sind für viele Sekundärfälle und eine große Mehrheit der Infizierten nur für wenige oder keine Folgeinfektionen verantwortlich). Mehr zur Epidemiologie von SARS-CoV-2 und COVID-19 findest du im Modul COVID-19.
SARS-CoV2 wurde vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) vorläufig in Risikostufe BLS3 eingestuft.
Seit Dezember 2020 sind Virusvarianten bekannt geworden, die aufgrund ihrer Mutationen (voraussichtlich) eine deutlich höhere Ansteckungsgefahr mit sich bringen (= höhere Reproduktionszahl).
Diese werden auch als VOC bezeichnet (variants of concern). Virusvarianten, die unter besonderer Beobachtung stehen, sind VOI (variants of inerest). Eine vollständige Tabelle findet sich beim RKI.
SARS-CoV-2-Variante Alpha (vorher: „Britische Variante“) sog. SARS-CoV-2 Linie B.1.1.7 mit zahlreichen Mutationen v.a. im viralen S-Protein. Die Analyse von Genomsequenzdaten zeigt, dass diese Variante in der Zwischenzeit die häufigste in Deutschland detektierte SARS-CoV-2-Variante darstellt.
SARS-CoV-2-Variante Beta: (vorher: „Südafrikanische Variante“) sog. SARS-CoV-2 Linie B.1.351, ebenfalls mit Mutationen im S-Protein.
SARS-CoV-2-Variante Gamma: (vorher: „Brasilianische Variante“) sog. SARS-CoV-2 Linie B.1.1.248 oder P1, wie die anderen beiden ebenfalls mit Mutationen im S-Protein.
SARS-CoV-2-Variante Epsilon: (vorher: „Kalifornische Variante“) sog. SARS-CoV-2 Linie B 1.427 und B 1.429.
SARS-CoV-2-Variante Delta (vorher: „Indische Variante“) sog. SARS-CoV-2 Linie B.1.617.2.
SARS-CoV-2-Variante Omikron: sog. SARS-CoV-2 Linie B.1.1.529 mit etwa 30 AS-Änderungen im Spike-Protein, die Einfluss Transmission, Immunevasion, Übertragbarkeit nehmen - inwieweit ist noch unklar, ebenso die Bedeutung der anderen Mutationen.
Struktur
Die Struktur des SARS-CoV-2 entspricht der allgemeinen Struktur der Coronaviren. Zusätzlich besitzt es, wie manche andere β-Coronaviren, eine Hämagglutinin-Esterase (HE).

Aufbau des SARS-CoV-2 und Struktur des S-Proteins
Links oben: Die Struktur des SARS-CoV-2 entspricht der allgemeinen Struktur der Coronaviren. Zusätzlich besitzt SARS-CoV-2 eine Hämagglutinin-Esterase. Links unten: Das S-Protein hat zwei Untereinheiten S1 und S2. Am Übergang zwischen der S1 und S2-Untereinheit liegt die Furin-Schnittstelle S1/S2, die bei vielen Coronaviren noch während der Virussynthese gespalten wird. In der S2-Untereinheit befindet sich die S2'-Site, an der das S-Protein nach der Bindung an den Rezeptor ACE2 von der Wirtsprotease TMPRSS2 geschnitten wird. Erst dann kann das Virus mit der Wirtszelle fusionieren. Rechts: Elektronenmikroskopische Aufnahme von SARS-CoV-2-Partikeln. In dieser Aufnahme kann man mehrere Virionen innerhalb einer ER- oder Golgi-Zisterne erkennen. Die Viruspartikel, die schwarze Punkte enthalten, zeigen einen Querschnitt durch das Nukleokapsid.
(Elektronenmikroskopische Aufnahme: Cynthia S Goldsmith and Azaibi Tamin, Centers for Disease Control (CDC); )
Äußere Strukturen des SARS-CoV-2 (COVID-19 Virus)
Die drei Proteine S, E und M sind Proteine in der Virushülle. Das S-Protein (Spike-Protein) bindet an den Rezeptor auf der Wirtszelle, das E-Protein (Envelope-Protein) spielt u.a. eine Rolle beim Assemblieren und Freisetzen der neu gebildeten Viruspartikel aus der Wirtszelle. Das M-Protein (Matrix-Protein) interagiert mit dem Nukleokapsid im Inneren des Virus.

Innenliegende Strukturen des SARS-CoV-2 (COVID-19 Virus)
Im Inneren des Virus findet man das N-Protein, welches an die RNA gebunden ist. Wahrscheinlich hilft es nach dem Eindringen des Virus in die Wirtszelle bei der Replikation der RNA.
Replikationszyklus
Um die Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapeutika verständlich zu machen, werden das Genom und der Replikationszyklus von SARS-CoV-2, soweit sie bisher bekannt sind, im Folgenden ausführlich beschrieben.
Der Eintritt des Virus in die Wirtszelle erfolgt mithilfe des Spike-Proteins, einem heterotrimeren Glykoprotein, das aus den beiden Untereinheiten S1 und S2 besteht. S1 bindet an das Angiotensin-Converting-Enzyme 2 (ACE2), das auf der Wirtszelle als Rezeptor dient, während S2 für die Fusion verantwortlich ist.
Wie die Spike-Proteine der meisten Coronaviren (allerdings nicht SARS-CoV!), beherbergt das S-Protein des SARS-CoV-2 eine Furin-Schnittstelle zwischen der S1 und S2-Untereinheit, die noch während der Biosynthese des Virus (wahrscheinlich von der Protease Furin im Golgi-Kompartiment) gespalten wird. Dabei bleiben die beiden Untereinheiten nicht-kovalent aneinander gebunden.
Die verschiedenen Coronaviren binden mit unterschiedlichen Domänen innerhalb der S1-Untereinheit (die aus vier Kerndomänen S1A-S1D besteht) an die Zielstruktur auf der Wirtszelle. SARS-CoV-2 und verschiedene andere Coronaviren (SARS-CoV, HCoV-NL63) nutzen S1B zur direkten und hochaffinen Bindung an ACE2. Diese Interaktion ist sehr stark und scheint bei SARS-CoV-2 die besonders effiziente Transmission des Virus im Menschen zu erklären. Beim Schneiden der S-Vorläuferproteine entsteht zudem offenbar eine AS-Sequenz, die es dem Virus zudem möglich macht, an den Neuropilin-1-Rezeptor (NRP1) zu binden, der in vielen Geweben (z. B. Lunge, Nase) vorkommt. Dies steigert die Infektiosität deutlich.
Nachdem das Virus mithilfe des S-Proteins an den Rezeptor ACE2 gebunden hat, findet im S-Protein eine Konformationsänderung statt. Dadurch wird die sogenannte S2‘-Site in der S2-Untereinheit freigelegt und kann durch eine Protease, die auf der Wirtszelloberfläche sitzt, gespalten werden. Diese Spaltung durch eine Wirtsprotease (auch Priming genannt) ist essenziell für die Fusion des Virus mit der Zelle. Neue Studien zeigen, dass bei SARS-CoV-2 vor allem die Serinprotease TMPRSS2 für das Priming des S-Proteins und damit für die Virusverbreitung und die Viruspathogenität verantwortlich ist.
Für die Membranfusion werden zwei Mechanismen diskutiert: Entweder gelangt die RNA des Virus über einen ähnlichen Mechanismus wie die SNARE-Protein-vermittelte Membranfusion in die Zelle (dann würde das Virus selbst nicht in Zelle gelangen) oder das ganze Virus wird über clathrinvermittelte Endozytose aufgenommen und befindet sich dann in einem Endosom. Die Hinweise mehren sich, dass der Eintritt über clathrinvermittelte Endozytose stattfindet und das Virus dann mit der endosomalen Membran verschmilzt, um die RNA in das Zytosol freizugeben.
Medikamentöse Hemmung der Protease TMPRSS2
Die Animation des Deutschen Primatenzentrums - Leibniz-Institut für Primatenforschung zeigt, wie SARS-CoV-2 in die Wirtszelle eintritt. Zudem wird die Funktion von Camostat beschrieben. (Sprache: Deutsch, Länge: 1:05 min; DPZ, YouTube, youtube.com/watch?v=8gV-GEQ7OSg)
Nach der Aufnahme des Virus in die Zelle und der Freisetzung der RNA in das Zytoplasma werden die beiden sich überlappenden Leserahmen ORF1a und ORF1ab des Virusgenoms direkt in zwei (Replikase-)Polyproteine PP1a und PP1ab translatiert. Daraus werden autoproteolytisch die beiden Proteasen Mpro (Main Protease, auch genannt 3CLpro, 3C-like Protease, Hauptprotease) und PLpro (Papain-like Protease) prozessiert, die dann PP1a und PP1b in ihre funktionellen Komponenten schneiden, wobei es 11 Schnittstellen auf 1ab gibt. Dabei entstehen 16 Nicht-Struktur-Proteine (NSPs) mit unterschiedlichen Funktionen zur Kontrolle der Wirtszelle und zum Aufbau neuer Viruspartikel.

Hauptprotease (Main-Protease, Mpro) von SARS-CoV-2
Die Hauptprotease des SARS-CoV-2 ist zum "Molecule of the Month" Februar 2020 gekürt worden. Es ist ein Dimer bestehend aus zwei identischen Untereinheiten, die zusammen die aktive Bindungsseite bilden. Die Faltung des Proteins entspricht der von Serin-Proteasen wie Trypsin. In blau ist ein Peptid-ähnlicher Inhibitor eingezeichnet
(aus Berman, Westbrook, Feng et al., Nucleic Acids Research, Volume 28, Issue 1, 1 January 2000, Pages 235–242 (doi:10.2210/rcsb_pdb/mom_2020_2))Die übrigen 6 ORFS des SARS-CoV-2-Genoms enthalten unter anderem die Gene für die Strukturproteine S, M, E und N. Für das Assembly der Viruspartikel werden die translatierten Proteine S, M und E in die Membran des ER-Golgi-Kompartiments (ERGIC) eingebaut. Das N-Protein und das replizierte RNA-Genom bilden zusammen einen neuen Ribonukleoprotein-Komplex. Dieser interagiert mit dem M-Protein in der Golgi-Membran und die einzelnen Viruskomponenten werden in das ERCIG internalisiert. Im ERGIC werden die Virionen zusammengebaut. Anschließend werden sie auf dem exozytotischen Weg aus der Zelle geschleust.

Replikationszyklus von SARS-CoV-2
(1) SARS-CoV-2 bindet mit seinem Spike-Protein an den Rezeptor ACE2 auf der Wirtszelle. Die Protease TMPRSS2 spaltet das S-Protein an der S2'-Schnittstelle, wodurch der Eintritt des Virus in die Zelle (2) eingeleitet wird. Indem die Virusmembran mit der Membran des Endosoms verschmilzt, gelangt die virale RNA in das Zytosol der Wirtszelle (3). An den Ribosomen erfolgt die Translation der mRNA (4): Die beiden ORFs ORF1a und ORF1ab codieren für das Polyprotein PP1a/PP1ab, die 6 restlichen ORFs unter anderem für die Strukturproteine S, M, E und N. Aus PP1a/PP1ab spalten sich durch Autoproteolyse die Proteasen Mpro und Plpro ab. Diese bewirken die weitere Prozessierung von PP1a/PP1ab in 16 Nichtstrukturproteine (NSPs), die zur Synthese der neuen Viruspartikel benötigt werden (6). Eines davon ist eine RNA-abhängige RNA-Polymerase, die die virale RNA zunächst in einen Minusstrang repliziert, der dann wiederum als Matrize für die Replikation neuer genomischer Plus-RNAs dient. Diese lagern sich mit dem Nukleokapsid-Protein N zu neuen Nukleoproteinkomplexen zusammen (7). Die anderen Strukturproteine werden in die Membran des ER-Golgi-Kompartiments (ERGIC) eingelagert (8) und gemeinsam mit den neuen Nukleoproteinkomplexen in das ERGIC aufgenommen. Im ERGIC werden die neuen Viruspartikel zusammengesetzt (9), die dann via Exozytose aus der Wirtszelle geschleust werden (10).
Coronaviren und weiterführende Informationen zu SARS-CoV-2
Dieses Video von Alila Medical Media liefert Informationen zur Coronavirusfamilie, dem Lebenszyklus von SARS-CoV-2 und die Pathophysiologie dahinter. Sprache: Englisch, Länge: 4:35; Alila Medical Media, YouTube, youtube.com/watch?v=_UOvPrPoY-s)
Weitere molekulare Aspekte
Die Protease PLpro, die an der Prozessierung der beiden Polyproteine beteiligt ist, hat noch eine zweite wichtige Funktion für das Virus. Sie hemmt in der Wirtszelle den Interferon- und den NF-κB-Signalweg, indem sie indirekt den Abbau des Transkriptionsfaktors IRF3 stimuliert. Dadurch wird die Immunantwort in der Wirtszelle unterdrückt.
NSP1 ist ein wichtiger Virulenzfaktor für SARS-CoV-2. Es unterdrückt die Genexpression in der Wirtszelle, indem es die 40S-Untereinheit des Ribosoms bindet und damit die Translation zum Erliegen bringt.
Pathogenese, Klinik und Krankheitsfolgen
COVID-19: Coronavirus-Disease 2019
siehe COVID-19.
Nachweis und Therapie
Der Nachweis der Erreger-RNA erfolgt durch RT-PCR. Virusantigene können mit dem Coronavirus-Schnelltest (SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test von Roche) nachgewiesen werden. Der Test auf Antikörper (ELISA, CLIA) ist ab dem Ende der 2. Woche nach Symptombeginn möglich.
Die Therapie erfolgt supportiv, da bisher keine kausale Therapie zur Verfügung steht. Seit Juli 2020 ist Remdesivir, ein Nukleosid-Analogon gegen RNA-Viren, als Medikament bei COVID-19 zugelassen.
Zur Medikamentenentwicklung siehe Pharmakologie.
Prophylaxe
Es gibt bereits mehrere Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 in seiner ursprünglichen Virusvariante. Die Entwicklung weiterer läuft auf Hochtouren. Gegen die Mutationen sind die Impstoffe auch, wenngleich etwas weniger effektiv. Näheres zu den Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 in der Pharmakologie.
Expositionsprophylaxe (AHA-Regel):
Abstand: mindestens 1,5 m Abstand zu den Mitmenschen einhalten
Hygiene: Händewaschen, richtiges Husten und Niesen in die Armbeuge
Alltagsmaske tragen: Wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann, Mund-Nasen-Schutz (MNS) tragen.
Weitere Informationen findest du hier.
Meldepflicht
Nach § 6 und § 7 IfSG sind Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod durch COVID-19 sowie der direkte oder indirekte Nachweis von SARS-CoV-2, soweit sie auf eine akute Infektion hinweisen, namentlich zu melden.