Definition
Neurogenetische Erkrankungen
Neurogenetische Erkrankungen ist ein Sammelbegriff für eine Reihe sehr unterschiedlich symptomatischer neurologischer Erkrankungen, die auf einem genetischen Defekt beruhen. Dieser kann vererbt werden oder sporadisch auftreten.
Ätiopathogenese
Bei genetisch bedingten Erkrankungen unterscheidet man zwischen monogener Vererbung (einzelner Gendefekt) und multiplen genetischen Veränderungen, die zum Ausbruch einer Erkrankung führen.
Bei den meisten neurogenetischen Erkrankung konnten bereits identifiziert werden. Im Gegensatz dazu geht man bei den neurodegenerativen Erkrankungen zwar von einer genetischen Komponente bei der Entwicklung der Erkrankung aus, genauso spielen aber auch Umwelteinflüsse eine Rolle.
Muskeldystrophien sind eine Gruppe hereditärer, progressiver, primär degenerativer Myopathien mit Kaliberschwankungen der Muskelfasern, zentralständigen Kernen sowie vermehrtem Bindegewebe in der Biopsie. Klinisch sind sie vor allem durch Muskelschwäche und -atrophie gekennzeichnet.
Die Muskeldystrophie Duchenne ist eine hereditäre, rasch progrediente Myopathie infolge eines absoluten Dystrophinmangels, welche aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs fast nur das männliche Geschlecht betrifft. Leitsymptom ist eine im frühen Kindesalter beginnende, rasch progrediente Muskelschwäche.
Die Muskeldystrophie Becker-Kiener ist eine hereditäre, langsam progrediente Myopathie infolge eines relativen Dystrophinmangels, welche aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs fast nur das männliche Geschlecht betrifft. Leitsymptom ist eine im Schulalter beginnende, langsam progrediente Muskelschwäche.
Die fazioskapulohumerale Muskeldystrophie ist eine autosomal-dominant vererbte Muskeldystrophie der Gesichts- und Schultermuskulatur, die im Verlauf weiter deszendiert und auch den Herzmuskel befallen kann.
Die Emery-Dreyfuß-Muskeldystrophie ist eine hereditäre, X-chromosomale Muskeldystrophie mit progressiven Paresen der skapulohumeroperonealen Muskeln, Kontrakturen und Kardiomyopathie.
Distale Myopathien sind eine seltene, heterogene Gruppe hereditärer Erkrankungen mit langsam progredienter distaler Muskelschwäche.
Die Myotonie bezeichnet eine unwillkürliche, tonische (d.h. intensive und lange) Verkrampfung der Muskulatur bzw. Erkrankungen, die mit pathologisch verlängerten Muskelkontraktionen nach beendeter Willkürinnervation einhergehen.
Die Paramyotonia congenita (Eulenburg) ist eine autosomal-dominant vererbte Natriumkanalerkrankung mit Funktionsstörung der muskulären Kontraktion und Erschlaffung, welche insbesondere zu (para)myotonen Symptomen führt.
Dyskaliämische periodische Lähmungen sind eine Gruppe von seltenen, autosomal-dominant vererbten Störungen des Kaliumstoffwechsels infolge von unterschiedlichen Ionenkanalkanaldefekten, die zu episodischen Depolarisierungen der Muskelfasermembran und damit klinisch v.a. zu periodischen Lähmungen führen.
Die metabolischen Myopathien stellen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit Störungen im Energiestoffwechsel (Kohlenhydrat-, Lipid-, Mitochondrien-Stoffwechsel) dar, bei denen belastungsabhängige Paresen, Myalgien, Muskelkrämpfe sowie eine Rhabdomyolyse auftreten können.
Lipidspeichermyopathien bezeichnen seltene myopathische Syndrome, die auf verschiedenen Fettstoffwechselstörungen beruhen.
Bei den Glykogenosen handelt es sich um eine Gruppe angeborener Erkrankungen, bei denen es durch unterschiedliche Enzymdefekte zu einer Störung der Bildung oder des Abbaus von Glykogen kommt, verbunden mit einer Schädigung verschiedener Organe durch pathologische Glykogenspeicherung und ggf. einer Störung der Glucosehomöostase.
Der Myoadenylat-Desaminase-Mangel ist eine hereditäre oder sekundäre Erkrankung, die über eine Störung des Purinstoffwechsels zu belastungsabhängigen Muskelkrämpfen, -schmerzen und einer Muskelschwäche führt.
Spinale Muskelatrophien sind überwiegend hereditäre Motoneuronerkrankungen mit Degeneration motorischer Vorderhornzellen und je nach Verlaufsform auch bulbärer motorischer Hirnnervenkerne (Erkrankung des 2. Motoneurons).
Die amyotrophe Lateralsklerose ist eine meist idiopathische, degenerative Motoneuronerkrankung mit Untergang des 1. und 2. Motoneurons.
Die spinozerebellären Ataxien umfassen eine Gruppe heterogener hereditärer neurodegenerativer Erkrankungen mit autosomal-dominantem Erbgang und dem Leitsymptom einer progredienten zerebellären Ataxie.
Das Akronym CADASIL (= cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leukencephalopathy) steht für eine zerebrale, autosomal-dominant vererbte Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukenzephalopathie. Es handelt sich um eine generalisierte, nicht arteriosklerotische, nicht kongophile Gefäßerkrankung, die ausschließlich im zentralen Nervensystem zu rezidivierenden Ischämien führt.
Phakomatosen sind genetisch bedingte, neuroektodermale Systemerkrankungen mit embryonal angelegten Gewebedysplasien und -heterotypien. Charakteristisch sind tumorartige Wucherungen, sog. Hamartome, an der Haut, im ZNS und an anderen Organen.
Die Ataxia teleangiectatica ist eine bereits im Kleinkindalter auftretende, autosomal-rezessiv vererbte Multisystemerkrankung mit zerebellärer Ataxie, Choreoathetose, Teleangiektasien und Thymushypoplasie. Es besteht eine schwere Immunschwäche und ein erhöhtes Malignomrisiko.