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      1. Steckbrief
      2. SARS-CoV-2
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Wirkstoffe gegen Coronaviren

  •  IMPP-Relevanz
  • Lesezeit: 19 min
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Steckbrief

Coronaviren sind als Erreger milder Infekte des Respirationstraktes bekannt. Als Verursacher schwerer respiratorischer Erkrankungen traten sie erstmals mit SARS (2002) und später mit MERS (2012) in Erscheinung. Seit Ende 2019 ist das Coronavirus SARS-CoV-2 bekannt, das die COVID-19-Pandemie ausgelöst hat.

COVID-19 kann asymptomatisch verlaufen oder nur mit milden Erkältungserscheinungen einhergehen, sie kann jedoch auch über schwere akute respiratorische Probleme bis hin zu akutem Lungenversagen, multiplem Organversagen und zum Tode führen. Bisher erfolgt die Therapie der an COVID-19 Erkrankten symptomatisch.

Daher haben die Entwicklung einer Vakzine gegen SARS-CoV-2 sowie die Erprobung und Neuentwicklung von Medikamenten, die eine schwere Symptomatik bei COVID-19-Patienten reduzieren können, oberste Priorität. Die Impfstoffe werden in der Pharmakologie besprochen.

Zu den Medikamenten, die derzeit erprobt und in klinischen Studien getestet werden, gehören u. A.

  • Fusionsinhibitoren/Inhibitoren des Zelleintritts, wie rekombinantes ACE2;

  • Inhibitoren des Zellkerntransports, wie Invermectin;

  • Protease-Inhibitoren, wie Lopinavir/Ritonavir, Camostat oder Nafamostat;

  • RNA-Polymerase-Inhibitoren und Nucleotidanaloga, wie Hydroxychloroquin, Remdesivir und Ribavirin; sowie

  • Modulatoren der Immunantwort und weitere Therapieansätze, wie Aviptadil® oder Tocilizumab, Dexamethason und Bamlanivimab (LY-CoV555).

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    SARS-CoV und MERS-CoV

    Bislang existieren weder Medikamente noch Impfstoffe gegen das durch SARS-CoV ausgelöste schwere akute respiratorische Syndrom bzw. gegen das durch MERS-CoV ausgelöste Middel East Respiratory Syndrom.

    Anhand von in vitro- und Tierversuchen sowie klinischen Studien mit SARS-CoV oder MERS-CoV wurden für verschiedene Wirkstoffe antivirale Effekte postuliert, aber nicht bewiesen. Zu diesen Substanzen gehören u. a. Interferone, Ribavirin, Lopinavir/Ritonavir, polyklonale Anti-MERS-CoV-Antikörper, monoklonale Anti-S-Antikörper sowie Inhibitoren der viralen RNA-Polymerase wie Remdesivir.

    Die Studien hierzu können über die „WHO International Clinical Trials Registry Platform“ (https://www.who.int/ictrp/en/) eingesehen werden. Eine Liste mit potenziellen Therapeutika wurde via Public Health England und dem International Severe Acute Respiratory and Emerging Infection Consortium zusammengestellt. Diese Daten sind u. A. Ausgangspunkt der Forschung für die Behandlung von COVID-19 und die Vakzinentwicklung gegen das COVID-19 auslösende Virus SARS-CoV-2.

    SARS-CoV-2

    Aufbau des Virus und Zelleintritt

    Detaillierte Informationen zur Struktur und zum Replikationszyklus von SARS-CoV-2 findest du in der Mikrobiologie. Mehr zur Epidemiologie, Infektiösität, Übertragung und Symptomatik findest du im Modul SARS, MERS und COVID-19.

    Impfstoffentwicklung

    Die Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 werden in der Pharmakologie besprochen.

    Allgemeines zu Impfungen findest du in der Infektiologie. Eine Übersicht über den aktuellen Imfstand in Deutschland findest du unter https://impfdashboard.de.

    Medikamente gegen COVID-19

    Neben der Vakzinentwicklung werden derzeit Probanden für klinische Studien zu COVID-19-Medikamenten rekrutiert. Viele dieser Studien sind bereits angelaufen und jeden Tag kommen neue hinzu. Bei den Medikamenten, die getestet werden, handelt es sich um antivirale umfunktionierte Grippe-Medikamente und weitere antivirale Medikamente, einen Ebola-Wirkstoff (Remdesivir), Zytokin-Antagonisten und das Antimalariamittel Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin u.v.m.

    Vorsicht:

    Aufgrund der dramatischen Situation basiert der wissenschaftliche Austausch aktuell in hohem Maße auf sog. pre-published papers (preprints), also ohne Qualitätssicherung durch den sonst üblichen, zeitaufwändigen Review-Prozess. Entsprechend vorsichtig müssen die hier vorgestellten Ansätze bewertet werden.

    Die Medikamente können anhand ihrer Angriffspunkte in unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden . Da die Wirkstoffe häufig unterschiedliche Wirkungsmechanismen aufweisen, ist eine saubere Einteilung der Wirkstoffe in eine Kategorie nicht immer möglich. Wir fokusieren uns hier auf den Wirkungsmechanismus spezifisch gegen SARS-CoV-2 bzw. in Bezug auf COVID-19, basierend auf dem aktuellen Wissensstand (Dezember 2020):

    • Fusionsinhibitoren/Inhibitoren des Zelleintritts:

      • Umifenovir

      • rekombinantes ACE2 (APN01, hrsACE-2)

    • Inhibitoren des Zellkerntransports

      • Ivermectin

    • Protease-Inhibitoren:

      • Lopinavir/Ritonavir

      • Camostat

      • Nafamostat

    • RNA-Polymerase-Inhibitoren und Nucleotidanaloga:

      • Hydroxychloroquin (Chloroquin) (+ Azithromyzin) (+ Remdesivir)

      • Remdesivir

      • Favipiravir

      • Ribavirin (+ Typ-I-IFN)

      • Molnupiravir

    • Modulatoren der Immunantwort und weitere Therapieansätze:

      • Typ-I-IFN

      • Aviptadil®

      • Tocilizumab

      • Dexamethason

      • Induktion der Autophagie

      • Iota-Carrageen

      • monoklonale Antikörper.

    Image description
    Mögliche Angriffspunkte einiger Medikamente gegen SARS-CoV-2

    Fusionsinhibitoren/Inhibitoren des Zelleintritts

    Umifenovir: Umifenovir ist das russische Pendant zu Hydroxychloroquin. Der unter dem Namen Arbidol® vertriebene Wirkstoff fungiert als Fusionsinhibitor: Er hemmt bei Influenza A die Bindung des Oberflächenproteins Hämagglutinin (das auch bei SARS-CoV-2 existiert) an die Sialinsäurereste großer Glykoproteine in der Membran der Wirtszelle und dadurch die Verschmelzung mit der Zellmembran. In einer frühen Pilot-Studie in China konnte die Viruslast bei mit Umifenovir behandelten COVID-19-Patienten verringert werden. Dies ließ sich jedoch nicht in zwei randomisierten klinischen Studien verifizieren. (Stand September 2020).

    Rekombinantes ACE2 (APN01, hrsACE-2). Der vom Pharmaunternehmen Apeiron Biologics (Wien) entwickelte lösliche ACE-2-Rezeptor imitiert das humane Enzym Angiotensin-Converting-Enzyme 2, das als Rezeptor für den Eintritt von SARS-CoV-2 in die Wirtszellen dient. Der ACE-2-Rezeptor, der im Körper in vielen Geweben zu finden ist, wird bei COVID-19 herunterexprimiert, was zu verschiedenen Effekten führt, die das Krankheitsgeschehen negativ beeinflussen können. ACE-2 wirkt als Gegenspieler von Angiotensin-II, dessen Wirkung entgegen. Intravenös verabreicht, soll ACE-2 zum einen das Gleichgewicht im RAS wiederherstellen, zum anderen Virenpartikel anstelle des membrangebundenen ACE2 binden und damit unschädlich machen. Damit könnte APN01 die Infektion der Zellen durch SARS-CoV-2 verringern und einen schweren Verlauf der Erkrankung verhindern. Der Wirkstoff wird derzeit in Phase-II-Studien an ca. 200 COVID-19-Patienten in Deutschland, Österreich, Dänemark und in der UK getestet (Stand: Oktober 2020).

    Inhibitoren des Zellkerntransports

    Ivermectin ist ein erprobtes antiparasitäres Medikament , das schon länger für seine antiviralen Eigenschaften gegen RNA-Viren (HIV-1, Dengue-Virus 1-4, West-Nil-Virus, Influenza) bekannt ist. In in-vitro-Versuchen an Vero/hSLAM-Zellen konnte Invermectin die virale RNA von SARS-CoV-2 im Zellüberstand um den Faktor 5000 innerhalb von 48h im Vergleich zur Kontrolle verringern. Die Autoren nehmen an, dass die Hemmung der viralen Replikation auf der Inhibition des Transports viraler Proteine in den Nucleus der Wirtszelle beruht. Dieser wird normalerweise über das Imporin α/β1-Heterodimer bewerkstelligt, das im Zytoplasma an das virale Protein bindet und es über die Kerporen (NPC) in den Nucleus schleust. Dort angekommen kann es die antivirale Immunantwort der Zelle unterdrücken und die Vermehrung vorantreiben. Das Ergebnis einer Ivermectin-Studie an 400 COVID-19-Erkrankten in Kolumbien konnte zeigen, dass eine Behandlung mit Ivermectin nicht signifikant zur schnelleren Rekonvaleszenz beiträgt. Ergebnisse mehrere klinische Studien stehen noch aus. Bei unkontrollierter Anwendung und damit hoher Dosierung kann Ivermectin toxisch sein.

    Protease-Inhibitoren

    Lopinavir/Ritonavir (Kaletra®): Das Kombinationspräparat aus zwei HIV-Protease-Inhibitoren wurde in vitro und am Mausmodell gegen SARS-CoV und MERS-CoV getestet. Offenbar hemmt Lopinavir die Endopeptidase C30 des SARS-CoV (3CLpro), wohingegen Ritonavir CYP450 inhibiert. In einer ersten randomisierten kontrollierten Studie (China) konnten keine Unterschiede zwischen den schwer erkrankten SARS-CoV-2-Patienten, denen Lopinavir/Ritonavir verabreicht wurde, und zwischen denen, die eine Standardtherapie erhielten, festgestellt werden. In der RECOVERY-Studie der Universität-Oxford, in der auch die Therapie von knapp 1600 COVID-19-Patienten mit Kaletra® untersucht wurde, konnte ebenfalls keinen Benefit der Behanldung im Vergleich zur Standardtherapie beobachten. Selbst in der Kombination mit IFN-β-1b konnte Lopinavir/Ritonavir in einer von der WHO beauftragten Studie keine Verbesserung hospitalisierter Patienten erzielen und ist daher nicht für die Behandlung von COVID-19-Behandlung in Deutschland zugelassen. (März 2022).

    In der Kombination mit IFN-β-1b und Ribavirin scheint Lopinavir/Ritonavir jedoch zu einer verringerten Dauer der Virusausscheidung und zu einer Milderung der Symptome bei COVID-19 zu führen, wie die Ergebnisse einer Phase-II-Studie (China) mit der Dreifachkombination deuten lassen (Mai 2020). In einer randomisierten Phase-II-Studie (Honkong) an Patienten mit leichter bis mittelschwerer COVID-19-Erkrankung konnte eine antivirale Therapie mit Lopinavir/Ritonavir, Ribavirin und IFN-β-1b im Vergleich zur Behandlung mit Lopinavir/Ritonavir eine Besserung der Symptome erzielen.

    Auch die Inhalation von IFN-β-1a (SNG001) der Firma Synairgen bei hospitalisierten COVID-19-Patienten scheint das Risko einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln, zu verringern und auch die Wahrscheinlichkeit einer Rekonvaleszenz stark zu erhöhen, wie in einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie an ca. 100 Patienten beobachtet wurde. Es wird weiter an der potenziellen antiviralen Aktivität von die SNG001 gegen SARS-CoV-2-Varianten Delta und Omicron geforscht (Stand 2022).

    Camostat (Foipan®): Das Medikament Camostat (Synonyme: Camostatum, Camostatmesilat, FOY-305) ist ein Serin-Protease-Inhibitor, der in Japan zur Behandlung der chronischen Pankreatitis zugelassen ist. In Versuchen mit Zellkulturen konnte Camostat die SARS-CoV-2-Replikation durch die Hemmung der körpereigenen Transmembranprotease TMPRSS2verhindern, die das Virus benötigt, um das Spike-Protein zu spalten und mit der S1B-Untereinheit über ACE2 in die Wirtszelle zu gelangen. Camostat soll in klinisch kontrollierten Studien im Rahmen des off lable use weiter getestet werden.

    Nafamostat

    Das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen forscht gemeinsam mit dem Frauenhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (Hannover) an Nafamostat, einem in Japan zugelassenem Medikament gegen Pankreatitis. Nafamostat hemmt, genau wie Camostat, die TMPRSS2. Das Medikament scheint in vitro eine 50-fach höhere antivirale Aktivität aufzuweisen als Camostat. Bevor die ersten klinischen Studien am Menschen starten, wird zunächst am Primaten überprüft, ob Nafamostat intravenös vor einer COVID-19 schützt. Gleichzeitig wird überprüft, ob das Medikament inhalativ appliziert werden kann. Das Forschungsprojekt RENACO wird vom BMBF mit 1,6 Millionen Euro unterstützt und soll über 1,5 Jahre laufen.

    RNA-Polymerase-Inhibitoren und Nucleotidanaloga

    Hydroxychloroquin (Chloroquin): präklinische in vitro-Experimente sowie eine erste klinische - allerdings nicht-randomisierte und nicht-plazebokontrollierte - Studie, ließen zunächst einen potenziellen Benefit von Hydroxychloroquin gegen SARS-CoV-2 erhoffen. Die mögliche Wirkungsweise umfasst mehrere Mechanismen, die nicht alle vollständig geklärt sind. Hierzu zählen die Inhibition der viralen RNA-Polymerase, der Inhibition der Glykosylierung viraler Proteine und/oder des Virus-Assembling, der Virus-Freisetzung oder des Virentransports. Es gibt Hinweise auf Angriffspunkte sowohl beim Virus-Eintritt in die Wirtszelle als auch bei den nachgelagerten Schritten. Zudem wirkt Chloroquin/Hydroxychloroquin immunmodulierend. Eine später durchgeführte retrospektive Analyse von 368 Patienten, die z.T. unterstützende Behandlung (O2-Zufuhr, mechanische Beatmung etc.) erfuhren; z.T. mit Hydroxychloroquin (+ Azithromycin) therapiert wurden (keine Randomisierung), lieferte keinen Hinweis darauf, dass es unter der Therapie mit H und Az zu einer Reduktion des Beatmungsrisikos bei den hospitalisierten Patienten kam. In den USA war Hydroxychloroquin seit dem 30. März von der US-Arzneimittelbehörde FDA unter bestimmten Voraussetzungen als Monotherapie und in Kombination mit Azithromycin (Az) gegen COVID-19 erlaubt. Inzwischen wurde die Empfehlung zum Einsatz von Hydroxychloroquin, basierend auf weiteren Behandlungsergebnissen des Irving Medical Centers in New York sowie auf Basis der RECOVERY-Studie zurückgezogen. Bei Letzterer konnte einmal mehr kein positives Ergebnis bei der Behandlung von COVID-19-Patienten erzielt werden. Hydroxychloroquin darf laut FDA nur noch innerhalb klinischer Studien bei COVID-19-Patienten angewandt werden . Auch in einer Studie an COVID-19 Erkrankten mit milder Symptomatik konnte Hydroxychloroquin keinen therapeutischen Nutzen offenbaren.

    Remdesivir (GS-5734): Remdesivir ist ein Adenosin-Analogon (Prodrug). Der aktive Metabolit GS-441524 hemmt die virale RNA-Polymerase und führt zum Kettenabbruch bei der RNA-Replikation. Remdesivir hat sich bei der Therapie von Ebola als ineffektiv herausgestellt, in Zellkulturen jedoch Aktivität gegen andere RNA-Viren wie Marburg- und Lassa-Virus, MERS-CoV, SARS-CoV, einige Paramyxoviriae, HRSV und Influenza A gezeigt. Unter Remdesivir und Antibiotika-Applikation hatte sich der klinische Zustand eines 35-jährigen COVID-19-Patienten in den USA verbessert. Mehrere Phase-III-Studien an COVID-19-Patienten laufen derzeit bzw. sind inzwischen abgeschlossen. Davon zwei in China: Eine Studie betrachtete die Wirkung auf schwere COVID-19-Fälle (Studie GS-US-540-5773); die andere fokussierte sich auf milde bis moderate Verläufe der Krankheit (Studie GS-US-540-5774). So wie vier weitere Studien, u. A. in Kombination mit Baricitinib (Olumiant®). Laut der Pharmafirma Gilead zeigen die Ergebnis der GS-US-540-5774-Studie, dass die COVID-19-Patienten, die mit Remdesivir behandelt wurden, am 11. Behandlungstag eine um 65% höhere Verbesserung der klinischen Symptome aufwiesen, als Patienten in der Placebogruppe.

    Die USA erlauben den Einsatz von Remdesivir (Veklury®) für alle hospitalisierten Covid-19-Patienten, nachdem es zuvor nur unter bestimmten Voraussetzungen (Ausnahmeregelung) an Schwerkranke verabreicht werden durfte. Ebenfalls ist Remdesivir in der Therapie von COVID-19-Erkrankten in Japan zugelassen. Berichten des Nationale Institut für Infektionskrankheiten (NIAID) der USA zufolge, habe Remdesivir die Behandlungsdauer innerhalb einer klinischen Studie stark, d.h. im Durchschnitt um 4 Tage verkürzt. Die EMA (Europäische Arzneimittelagentur) hat ihre Empfehlungen des Wirkstoffs Remdesivir für den eng begrenzten Einsatz bei COVID-19-Patienten, die eine invasive maschinelle Beatmung benötigen zunächst entsprechend ausgeweitet (Compassionate Use). Nach neustem Kenntnissstand sollen nun auch hospitalisierte Patientenab einem Alter von mind. 12 Jahren und einem Körpergewicht von 40 kg Remdesivir schon dann erhalten, wenn sie zusätzlichen O2 benötigen (Stand: 2022). Remdesivir scheint gut verträglich zu sein. Überempfindlichkeitsreaktionen und erhöhte Transaminasewerte (Hepatotoxizität) können jedoch auftreten. Weitere Daten müssen gesammelt werden. Nach Veröffentlichung einer von der WHO beauftragten aktuellen Studie (Pre-Print), zeigt Remdesivir kaum oder gar keinen Effekt bei hospitalisierten COVID-19 Patienten. Dies trifft ebenfalls auf Hydroxychloroquin sowie auf die Kombinationstherapie von Lopinavir and Interferon zu.

    Baricitinib (Olumiant®) ist ein Januskinase-(JAK)-Inhibitor. Er wird zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis eingesetzt. Baricitinib soll die ACE2-vermittelte Endozytose hemmen können und zudem zur Inhibierung von Signaltransduktionen führen, die die Synthese proinflammatorischer Zytokine zur Folge haben. In randomisierten plazebokontrollierten Studien von Baricitinib in Kombination mit Remdesivir kam es zu einer Verkürzung der Genesungszeit, einer schnelleren Symptombesserung, und einer Reduzierung der Patienten, die eine mechanische Beatmung benötigen. Ein frühzeitiger Einsatz bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19-Pneumonie und O2-Bedarf bzw. intensiver Beatmung im off lable use (z.T. in Kombination mit Dexamethason) möglich. Derzeit wird ein Zulassungsantrag in Europa gestellt.

    Favipiravir (Avigan®): Favipiravir (Synonyme: T-705, Favipiravirum, Favilavir) oder Avigan® ist ein Guanin-Analogon (Prodrug) und gehört zu den Pyrazincarboxamiden. Es ist in Japan als Notfallmedikament gegen Influenza A unter besonderen Bedingungen zugelassen. Der aktive Metabolit greift ebenfalls die virale RNA-Polymerase an. Die RNA-Polymerase von SARS-CoV-2 scheint jener der Influenza ähnlich genug zu sein, dass auch diese blockiert werden könnte. In Tests mit Zellkulturen konnte Favipiravir jedoch keine Wirkung gegen SARS-CoV und MERS-CoV erzielen. Ein russisches Unternehmen hat ein auf Favipiravir basierendes Medikament (Avifavir) hergestellt, dass in Russland für die Therapie von leicht erkrankten COVID-19-Patienten zugelassen ist. Das Abklingen der Symptome soll mit der Therapie beschleunigt werden. Aus einer Metaanalyse mehrerer klinischer Studien geht hevor, dass Favipiravir die Mortalität von leicht bis mittelschwer Erkrankten nicht senken kann.

    Ribavirin: Das Guanosin-Analogon weißt ein breites Wirkspektrum gegen RNA- und DNA-Viren auf. Es bindet an die Nukleotid-Bindeseite der Polymerase und hindert so das richtige Nukleotid daran, sich anzulagern. Ribavirin wurde, bis zur Ablösung durch Directly Acting Antivirals (DAA), als Hepatitis C-Medikament p.o. in Kombination mit pegyliertem Interferon-α(2a und 2b) und IFN-β(1a und ab) eingesetzt. Studien an MERS-infizierten Primaten, die eine Ribavirin-rIFN-α2a-Therapie erhielten, zeigten eine Reduktion der Viruslast 8h nach Inokulation. Außerdem konnte eine Pneumonie im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe verhindert werden. Es muss erwähnt werden, dass die verabreichten Dosen sehr hoch waren. Klinische Daten mit Ribavirin sind auf kleine Studien begrenzt und zeigen keine klare Evidenz für die Wirksamkeit von Ribavirin gegenüber MERS/CoV-Infektionen, wohingegen schwere Anämien, Leberdysfunktionen und metabolische Störungen als Nebenwirkungen auftraten.

    Molnupiravir (Lagevrio®): Das synthetische Nukleosid-Analogon β-D-N4-Hydroxycytidin (NHC) ist ein Prodrug und entsteht durch Hydrolyse. Die RNA-abhängige-RNA-Polymerase des Virus ist die Zielstruktur des Pharmakons. Anstelle von Cytidin- und Uridintriphosphat wird nun das synthetische NHC während der Replikation in die RNA eingebaut. Molnupiravir inhibiert so die SARS-CoV-2-Replikation im humanen Lungengewebe, was sich durch eine Reduktion der SARS-CoV-2-RNA in den behandelten Patienten bemerkbar macht. Die Verabreichung erfolgt p.o. und ist zur Behandlung von nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ohne zusätzlichen O2-Bedarf und erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf indiziert. Die Einnahme sollte innerhalb von fünf Tagen nach dem Auftreten der ersten COVID-19-Symptomen beginnen.

    Modulatoren der Immunreaktion und weitere Therapieansätze

    Der Tod tritt bei schwerkranken COVID-19-Patienten in erster Linie durch akutes Lungenversagen (ARDS – Acute Respiratory Distress Syndrome) ein. Bei einer kleineren Patientenzahl entsteht eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH), durch die es zu einem fulminanten Zytokinsturm mit multiplem Organversagen kommen kann. In diesen COVID-19-Patienten konnte eine starke Zunahme der Zytokine IL-2, IL-7, GM-CSF, CXCL10, MIP-1α, TNF-α und IL-6 (p>0,0001), sowie erhöhte Ferritin-Level detektiert werden. Hohe Konzentrationen von GM-CSF konnten bei 20% im Plasma von schwerkranken COVID-19-Intensivpatienten gemessen werden. Aufgrund dessen werden Medikamente getestet und entwickelt, die vor der überschießenden Reaktion des Immunsystems schützen sollen.

    Typ-I-IFN

    Studien an MERS-CoV legen nahe, dass IFN-β, ein Typ-I-IFN, potent gegenüber Coronaviren ist. IRF3 ist ein Mitglied der Familie der Interferon-regulierenden Transkriptonsfaktoren . IFN-β wird neben anderen Zytokinen bei Virusinfektionen über die Aktivierung und Phosphorylierung von IRF3 im TLR-3-Signalweg gebildet. In SARS-CoV codiert der Open Reading Frame (ORF) ORF3b für ein Protein, welches die Phosphorylierung des Transkriptionsfaktors IRF3 verhindert, der für die Expression von Typ-I-IFN verantwortlich ist. D.h. das Protein von ORF3b ist in der Lage, die Interferon-Produktion und das Interferon-Signaling zu inhibieren. ORF3b in SARS-CoV-2 besitzt ein Stop-Codon, das zur einem veränderten Protein führt. Dieses Protein weist nicht die selbe inhibierende Funktion gegenüber IFN3 auf, wie das Protein, dass bei SARS-CoV translatiert wird. Darum scheint das Virus anfälliger gegenüber IFN-β zu sein. Gleiches gilt für ORF6 und NSP3, die in SARS-CoV ebenfalls antagonistisch zu IFN wirken. Studien an SARS-CoV und IFN-β konnten diesen Effekt nicht abschließend belegen., jedoch scheint eine Dreifachkombination, die Typ-I-IFN beinhaltet, zu einer Verbesserung der Symptome und einer schnelleren Virus-Clearance zu führen (s. Liponavir/Ritonavir).

    Corticosteroide

    Zu Beginn der Pandemie konnten Corticosteroide einer Meta-Studie zufolge, keinen Benefit bei SARS- und MERS-Infektionen erbringen. Da die Behandlung hierbei z.T. sogar eher schädlich war, sollte wurde zunächst auch bei COVID-19 auf eine Verabreichung von Corticosteroiden verzichtet werden. Inzwischen ist die Sachlage noch immer nicht eindeutig.

    Mehrere Studien deuten aber darauf hin, dass Budesonid die Genesungsphase bei COVID-19-Patieten (in STOIC-Studie um einen Tag, in der PRINCIPLE-Studie um 3 Tage) senken und einen schweren Verlauf um 90% verhindern kann. Der Wirkstoff kann im off label use ambulant in der Frühphase symptomatischer COVID-19- Erkrankungen ohne Hypoxämie zum Einsatz kommen.

    Tocilizumab (RoActemra®)

    Der IL-6-Antagonist Tocilizumab, der unter dem Handelsnamen Actemra® (CH) bzw. RoActemra® (EU) vertrieben und in der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird, wurde von Hoffmann-La Roche in Phase-III-Studien an Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie getestet. Im Vergleich zur Placebo-Kontrolle konnten jedoch kein Unterschied beobachtet werden und auch die Sterblichkeitsrate blieb unverändert. In der RECOVERY-Studie, die seit März 2020 läuft, konnte indes die Mortalitätsrate schwer erkrankter COVID-19-Patienten deutlich gesenkt werden. Ein Benefit zeigt sich bei Patienten mit ausgeprägter pulmonaler Hyperinflammatuin und Milchglasinfiltraten, wenn der IL-6-Antagonist frühzeitig verabeicht wird (off label use). Tocilizumab blockiert die freien und gebundenen IL-6-Rezeptoren, wodurch die Signaltransduktionskaskade unterbrochen wird, die zu einer übersteigerten Immunreaktion führt. Siltuximab, ein Anti-IL-6-AK, der für die idiopathischen multizentrischen Morbus Castleman zugelassen ist, wird derzeit im Rahmen der sog. SISCO-Studie auf seine Wirkung gegen COVID-19 getestet.

    RLF-100 (Aviptadil®)

    Das synthetische Analogon des vasoaktiven intestinalen Polypeptids (VIP Small Molecule) des Schweizer Pharmaunternehmens Relief Therapeutics wurde in Rahmen der FDA-Notfallzulassung bei COVID-19-Patienten eingesetzt, die bereits mechanisch beatmet wurden, sowie an jenen, mit schwerem COVID-19-Verlauf und Lungenversagen. Bei den beatmeten Patienten konnte , laut eines Presseberichts der Pharmafirma Relif Therapeutics, nach einer dreitägigen Behandlung mit RLF-100 eine schnellere Genesung beobachtet werden. Ein brasilianisches Forschungsteam konnte des Weiteren eine Reduktion der Replikationsrate von SARS-CoV-2 in Monozyten und humanen Lungenzellen nach der Behandlung mit den Polypeptiden RLF-100 und PACAP (pituitary adenylate cyclase-activating polypeptide) feststellen, die miteinander verwandt sind. Die Beobachtungen aus den Fall-Kontroll- und Open-Label-Studien sollen nun innerhalb einer placebokontrollierte Studien überprüft werden. VIP ist ein Neurotransmitter des inhibitorischen nicht adrenergen und nicht cholinergen Nervensystems . Das physiologischerweise von Nervenendigungen im Dünndarm gebildete VIP bindet an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (VPAC), deren Subgruppe VPAC2 (VIP2-Rezeptor) im ZNS und – neben anderen Geweben – auch im Respirationstrakt des Menschen zu finden ist . VIP bewirkt eine Erschlaffung der glatten Muskulatur unter anderem von Trachea und Bronchien (VPAC2-positives Gewebe) sowie der Blutgefäße und ist damit auch ein systemischer wie pulmonalarterieller Vasodilatator. Daneben zeigt VIP immunmodulatorische Eigenschaften . Zudem wirkt es bei der Regulation der Schleimproduktion in den Atemwegen mit und hemmt die Blutgerinnung. VIP ist ein hoch konserviertes Peptid, das im Menschen, Schwein, Kuh, Hund, Ziegen-Spezies identisch vorkommt.

    Aviptadil zeigt wie Actemra® im Tiermodell sowie in Phase-I- und Phase-II-Studien potente antiinflammatorische Effekte. Das ursprünglich zur Therapie der Erektilen Dysfunktion entwickelte Medikament wird als Orphan Drug (= "Arzneimittel für seltene Leiden") aufgrund der enormen antiinflammatorischen Wirkung auch bei akutem Atemwegssyndrom, pulmonaler Hypertonie und bei Sarkoidose angewandt. Details zur Studie findest du unter ClinivalTrials.gov (NCT04311697).

    Induktion der Autophagie

    Die "Müllentsorgungsanlage" des Körpers scheint bei einer Infektion mit Coronaviren nur noch eingeschränkt zu funktionieren – so auch bei SARS-CoV-2, wie Forscher um Dr. Gasser der Uni Bonn in einem Preprint-Paper puplizierten. U. A. hemmt das Virus die Sperimidin-Synthase, ein Enzym, das die Synthese von Sperimidin katalysiert. Sperimidin induziert die Autophagie im Körper des Menschen. Des Weiteren führt SARS-CoV-2 offenbar zu einer Aktivierung von SKP2 (S-Phase-Kinase-assoziiertes Protein 2), was wiederum zu einer verringerten Produktion des Proteins Bevlin-1 führt, das eine wichtige Rolle in der Initiierung der Autophagie spielt. Ansatzpunkte für die Therapie von COVID-19 bzw. einer Infektion mit SARS-CoV-2, könnte demnach in der Supplementierung von Sperimidin und einer Substanz, die SKP2 hemmt, liefern. In vitro konnten die Forscher einen Effekt von Niclosamid und MK-2206 auf SARS-CoV-2 infizierte Meerkatzenzellen feststellen (Stand Mai 2020). MK-2206 ist ein Akt-Inhibitor (Serin/Threonin-spezifische Proteinkinase, die in vielen zellulären Prozessen, wie der Zellproliferation, Transkription oder dem Glucosestoffwechsel eine wichtige Rolle spielt). Niclosamid bzw. die neue Formel „DWRX2003“ wird in Südkorea aktuell in Phase-I-Studien zur Behandlung bei COVID-19-Patienten getestet.

    Dexamethason

    Eine randomisierte, plazebokontrollierte klinische Studie der Universität Oxford (sog. RECOVERY-Studie) gibt, laut Pressemitteilung, erste Hinweis darauf, dass die Sterberate bei schweren COVID-19-Verläufen durch den Entzündungshemmer Dexamethason gesenkt werden könne. Die Therapie mit Dexamethason (mit 6mg/d niedrig-dosiert) konnte bei den mechanisch beatmeten Patienten die Mortalität um 35% (28-Tage-Sterblichkeit) und um 20% bei jenen, die nicht-invasiv mit Sauerstoff behandelt wurden, gesenkt werden. Die Deutsche Gesellschaf für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin sowie auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, haben ihre Empfehlungen für die Behandlung mit Dexamethason bei Patienten mit COVID-19 und scherer respiratorischer Insuffizienz mit Indikation zur O2-Gabe bzw. Beatmung als Antwort auf das Studienergebnis gegeben. Auch der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA spricht sich für Dexamethason als Therapieoption unter den genannten Patientenfällen aus.

    Dexamethason ist seit 1960 gegen inflammatorische und allergische Erkrankungen und als Antiemetikum bei Krebspatienten im Einsatz. Zusätzlich wirkt es membranstabilisierend und nimmt Einfluss auf den Kohlenhydrat-, Protein- und Lipidstoffwechsel. Die Linderung von Entzündungsprozessen erfolgt insbesondere über die Hemmung der Prostaglandinen-Ausschüttung. Mehr zu Dexamethason findest du bei den Glucocorticoiden.Da Steroide wie Dexamethason dazu noch die Immunantwort herunterregulieren, was eine Superinfektion oder verminderten viralen Elimination begünstigen kann, ist eine engmaschige Kontrolle der Glukose und der Natriumwerte in Blut und Serum notwendig. Zudem besteht das Risiko gastrointestinaler Blutungen (Stand: September 2020).

    In der RECOVERY-Studie mit knapp 12.000 Teilnehmern sind 6 Unterstudien eingeschlossen – 2 davon sind inzwischen abgeschlossen. Neben der zu Dexamethason ist auch die zu Hydroxychloroquin abschließend analysiert.

    Passive Immunisierung durch kovalente Plasmatherapie

    Das Blutplasma von COVID-19-Ausgeheilten wird derzeit für eine passive Immunisierung bei COVID-19-Patienten getestet. Die neutralisierenden Antikörper (NAbs für „neutralising antibodies“), die gegen das S1-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet sind, werden mit dem Plasma eines Individuums auf das andere transferiert. Ähnlich wurde 2018 bei Ebola vorgegangen. In einem ersten Versuch hat sich der klinische Zustand von fünf COVID-19-Patienten mit ARDS durch die Plasmatransfusion deutlich verbessert .

    In der Transfusionsmedizin des Uni-Klinikums Erlangen wird derzeit COVID-19-Immunplasma von genesenen Blutplasmaspendern für schwerstkranke Patienten hergestellt. Eine Abschwächung lebensbedrohlicher Verläufe scheint so möglich, was sich an vier Patienten zu bestätigen scheint (Entzündungsparameter ↓; Viruslast ↓). Derzeit wird eine breit angelegte klinischen Studien entwickelt, um die aus der Apharese-Plasmaspende gewonnenen COVID-19-Antikörper als Standardtherapie zu prüfen. Das PEI hat bereits die Zulassung für die Studie IPCO-Studie gegeben. Das Studiendesign soll sich von anderen dahingehend unterscheiden, dass nicht ein sondern mindestens drei Plasma-Präparate pro Patient via Infusion verabreicht werden. Beteiligt an der Studie ist u. a. auch das Frauenhofer Institut (SCAI und ITMP).

    Erste Ergebnisse internationaler Studien mit Rekonvaleszentenplasma konnten zeigen, dass das Plasma hohe Konzentrationen an Anti-SARS-CoV-2-IgG aufweisen muss, damit es die gewünschten Effekte erzielt. Des Weiteren scheint die Therapie jedoch offenbar nur bei nicht-beatmeten, hospitalisierten COVID-19-Patienten mit einem geringeren Sterberisiko einherzugehen. Bei beatmeten Patienten konnte keine Verringerung des Sterberisikos beobachtet werden. Weitere Studien folgen.

    Iota-Carrageen

    Die aus Rotalgen gewonnenen langkettigen sulfatierten Polysaccharide verhindern in vitro das Andocken von SARS-CoV-2 an Mucosa-Zellen der oberen Atemwege, wodurch eine Infektion durch das Virus unterbleibt. Mit Verdünnungen von 60 µg/ml und 6 µg/ml konnte die Viruslast um annährend 100% reduziert werden. Klinische Studien, um den Effekt auch in vivo zu bestätigen, laufen an. So soll Iota-Carrageen z. B. in einer Kooperation zwischen der Pharmafirma Marinomed Biotech AG und der Swansea University Medical schoolals COVID-19-Prophylaxe bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen getestet werden.

    Colchicin

     Bei Colchicin handelt es sich um ein Alkaloid aus Colchicum autumnale, der Herbstzeitlosen. Es ist ein wirksames Mitosegift, das die funktion zellulärer Proteine einschränkt. Es führt u. a. zu einer verringerten Phagozyten- bzw. Leukozytenbeweglichkeit. Da Colchicin ein nicht-selektiver Inhibitor des NLRP3-Inflammasoms ist, das im Krankheitsgeschehen von COVID-19 Patienten eine wichtige pathophysiologische Komponente spielen soll, wurde Colchicin an 105 hospitalisierte COVID-19-Patienten im Rahmen der GRECCO-19-Studie (randomisierte, doppelblind, Placebo-kontrolliert) getestet. Innerhalb der Colchicin-Gruppe gab es signifikant weniger klinische Verschlechterungen innerhalb von 21 Tagen als in der Plazebo-Gruppe. In anderen Studien (COLCORONA, RECOVERY) konnten keine signifikanten Benefits bei hospitalisierten Patienten beobachtet werden.

    Monoklonale Antikörper

    Die EMA entscheidet gerade über die Zulassung zweier Antikörpertherapien der Firma Roche und Regeneron (Ronapreve®; Wirkstoff: Casirivimab/Imdevimab) und der Firma Celltrion (Regkirona® ; Wirkstoff: Regdanvimab) für COVID-19-Patienten im Frühstadium der Infektion. Ronapreve® soll dabei v. a. bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahre (mind. 40 kg Körpergewicht) eingesetzt werden, die keine Beatmung benötigen, bei denen jedoch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf besteht.

    Bamlanivimab (LY-CoV555)

    Der monoklonale Antikörper erkennt den Abschnitt des S-Proteins, mit dem SARS-CoV-2 an die humanen Zellen andockt. Er stammt von einem der ersten COVID-19-Patienten in den USA aus dem die B-Zellen isoliert und das Gen für den AK in rekombinante Zellen eingebaut wurde. In eine klinischen Studie mussten weniger Patienten im Krankenhaus oder auf einer Notaufnahme behandelt werden als die Placebo-Gruppe. Die FDA hat eine Notfallzulassung für die Behandlung leichter bis mittelschwerer COVID-19 erteilt. Die Behandlung sollte kurz nach Erhalten eines positiven Testergebnisses erfolgen. Die klinische Prüfung des Medikaments ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

    Weitere COVID-19-Medikamente in der Entwicklung:

    I-Mab Biopharma entwickelt derzeit einen neutralisierenden Antikörper (TJM2) gegen GM-CSF, ein Zytokin, das für die akute und chronische Inflammation bei COVID-19-Patienten eine kritische Rolle spielt.

    Mithilfe von synthetisierten SARS-CoV-2-Virus-Like-Partikeln (VLP) will das Pharmaunternehmen Medicago Antikörper gegen SARS-CoV-2 herstellen.

    Das humane rekombinante Protein AT-100 (rhSP-D) wird von Airway Therapeutics derzeit als Behandlungsoption für COVID-19 geprüft. AT-100 zeigte in präklinischen Studien eine antiinflammatorische Aktivität und eine damit einhergehende Reduktion der Infektion in der Lunge.

    OYA1 von OyaGen (ein Start-Up-Unternehmen, das auf die Entwicklung von HIV-Medikamenten spezialisiert ist), ein ursprünglich gegen Krebs entwickeltes Medikament, scheint starke antivirale Eigenschaften gegen SARS-CoV-2 aufzuweisen. Im Labor konnte eine Inhibition der Virusreplikation in infizierten Zellen beobachtet werden.

    Weiterführende Informationen

    • Kartenübersicht der weltweiten COVID-19-Forschung: https://covid-19.heigit.org/clinical_trials.html

    • Remdesivir (Veklury®): Arzneimitteltherapie AkdÄ (Arzneiverordnung in der Praxis vorab online 6. August 2020)

    • „WHO International Clinical Trials Registry Platform“: https://www.who.int/ictrp/en/

    • Details zum Aufbau von SARS-CoV-2 (SWISS-MODEL Uni Basel): https://swissmodel.expasy.org/repository/species/2697049

    • COVID-19-Dashboard des RKI: https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4

    • Infoseite des RKI zu SARS-CoV-2 und COVID-19: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html

    • Weltweites COVID-19-Dashboard der Johns Hopkins University: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6

    • COVID-19: Therapieübersicht bei COVID-19 der Fachgruppe COVRIIN: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Therapie/Therapie_Tab.html;jsessionid=A89D2536A44496163C3E841B8530E067.internet051?nn=16719268

    EMA

    EMA steht für die "european medicines agency" – Europäische Arzneimittel-Agentur.

    PEI

    Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) prüft und bewertet in Deutschland bestimmte Arzneimittel für die Anwendung am Menschen.

    Rekombinante monoklonale Antikörper (mAKs)

    mAKs sind gegen Wachstumsfaktoren, Wachstumsrezeptoren oder Proteine gerichtet, die bevorzugt an der Zellmembran von Tumorzellen exprimiert werden. Die Bindung von Antikörpern an die membranständigen Zielproteine führt über Apoptose, komplementvermittelte Lyse oder die Aktivierung von Killerzellen und Makrophagen zum Tod der Tumorzelle .

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      IMPP-Fakten im Überblick

      ExamenF20Remdesivir ist ein Nukleosidanalogon (Adenosin-Analogon).

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      zuletzt bearbeitet: 24.06.2022
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