Fallgeschichte
Sie werden von einem Psychiater gebeten, eine 67-jährige Patientin neurologisch zu untersuchen. Im psychopathologischen Befund lesen Sie: „Antriebsminderung, permanente Müdigkeit und Abgeschlagenheit, unklares Brennen auf der Zunge, Kribbelparästhesien an den Beinen“. Insgesamt wurde der Befund als „vereinbar mit einem depressiven Syndrom mit Somatisierungsstörung“ interpretiert. Bei der körperlichen Untersuchung fällt Ihnen zunächst ein blasses, fast gelblich wirkendes, fahles Hautkolorit auf. Im Vordergrund steht eine mittelgradig ausgeprägte sensible Ataxie mit deutlich gestörter Tiefensensibilität (pathologisches Lageempfinden v. a. an den Großzehen, Pallhypästhesie an allen 4 Extremitäten mit allseits 2–3/8 im Stimmgabeltest, starkes Schwanken im Romberg-Stehversuch nur bei geschlossenen Augen). An den unteren Extremitäten lassen sich keine Muskeleigenreflexe auslösen, an den oberen Extremitäten sind die Eigenreflexe nur schwach ausgeprägt. Das Babinski-Zeichen ist beidseits positiv. Weiterhin lässt sich eine Störung der Oberflächensensibilität mit Hypalgesie und Hypästhesie strumpfförmig im Bereich beider Unterschenkel nachweisen. Manifeste Paresen finden sich nicht, die Hirnnervenfunktionen sind intakt.