Fallgeschichte
Eine 89-jährige, bis zu diesem Zeitpunkt sich noch selbstversorgende Patientin, wird vom Notarzt mit der typischen Symptomatik eines akuten Myokardinfarkts und einem eindeutigen EKG-Befund in eine kardiologische Klinik gebracht. Die umgehend durchgeführte Herzkatheteruntersuchung zeigt einen akuten Verschluss der rechten Koronararterie sowie eine ausgedehnte Hypo- bis Akinesie der Herzhinterwand. Während der Koronarangiografie kommt es wiederholt zu einem Blutdruckabfall und die Patientin gibt Luftnot an. Nach mehrfachen erfolglosen Versuchen gelingen schließlich eine erfolgreiche Ballondilatation und Implantation mehrerer Stents. Anschließend wird die Patientin auf die Intensivstation gebracht. Neben der lediglich aus einem ACE-Hemmer und einem Benzodiazepin (zur Nacht) bestehenden Vormedikation erhält sie neu ASS, Clopidogrel, einen Betablocker und niedermolekulares Heparin. Nachts schläft die Patientin nicht, sondern wird zunehmend unruhig, entfernt sich die Venenverweilkanüle, Blutdruckmanschette und EKG-Überwachung, nestelt an ihrem Nachthemd, wünscht ihren Ehemann zu sprechen (der 20 Jahre zuvor verstorben ist) und will ihr Bett auf der Intensivstation trotz mehrfacher Ermahnung des Pflegepersonals verlassen. Sie möchte wissen, was das Pflegepersonal in ihrer Wohnung mache und weshalb überall Spinnen an der Wand krabbeln würden.

EKG-Befund bei akutem Hinterwandinfarkt
(aus Hellmich, Fallbuch Innere Medizin, Thieme, 2020)